Donnerstag, 11. Februar 2016

Rückflugtag - "la vida no termina aquí, sólo un pequeño viaje"

Bogota, 11.02.2016
Heute endet diese wundervolle Reise sowie ein Zeitraum voller Erlebnisse und Freundschaften. Zehneinhalb Monate war mein zu Hause der Subkontinent Lateinanerika. Jetzt zu zählen, wie viel Tage es genau waren, wie viel Kilometer ich gereist bin ... was würde das alles für einen Sinn machen? Keinen! 
Ich fühle mich überglücklich und stolz diese Reise gemacht zu haben. Und ich danke allen, die ich unterwegs kennen gelernt habe und die dazu beigetragen haben. "Ihr werdet immer ein Teil der Reise meines Lebens (mi viaje de la vida) sein."
Im Moment möchte ich auch nicht viel mehr sagen. Vor mir steht ein elfstündiger Flug und anschließend das Wiederdehen mit den Menschen, die mich zu dem gemacht haben, der ich bin und ohne dessen Liebe und Geborgenheit ich diese Reise niemals gemacht hätte: Meine Familie.


Dienstag, 2. Februar 2016

Mancora - "let's talk about the Misfit"

Wenn eine lange Reise dem Ende zugeht, dann neigen viele dazu, nochmal alles mögliche sehen und erleben zu wollen. Viele neigen auch dazu, einfach nur noch zu entspannen ohne großartig von Touristenfängern gestört zu werden. Als ich Mitte Dezember in Mancora ankam, hatte ich noch gute zwei Monate bis zu meinem Rückflug nach Deutschland. Als ich Mancora verließ, blieben mir nur noch etwas mehr als zwei Wochen. Wer jetzt denkt, ich hätte mich nach Jeri im Nordosten Brasiliens nochmals in einen Ort verliebt, dem muss ich wiedersprechen. Mancora selbst war nicht der Grund, weshalb ich über 6 Wochen nicht weiter reiste und mich dabei super wohl fühlte. 
Der Ort Mancora an der Pazifikküste im Nordosten von Peru war unter Reisenden schon immer recht beliebt. Weiße Sandstrände und gute Surfmöglichkeiten lockten schon so viele dorthin, auch deshalb weil viele entweder von Ecuador kommend oder auf den Weg dorthin eine Pause von langen Busfahrten machen wollten. Abseits der Strandflächen ist Mancora jedoch nichts weiter als eine vollgestopfte Durchfahrtssiedlung an der Panamericana. Bei einer Geräuschkulisse von hunderten von Autos und Tuktuks, reihen sich auf der Straße massenweise kleine Geschäfte und Restaurants. Das Besondere an diesem Ort sucht man eher vergeblich. 
Ich glaube, nicht viele hatten das Glück was ich in Mancora hatte, nämlich eine Unterkunft zu haben, die einfach mehr als das klassische Hostel darstellt. Wer schon mal in Mancora war und jetzt glaubt ich wäre in einem dieser überdimensionalen Gringo-Party-Hostels abgestiegen, den muss ich nochmals enttäuschen. Meine Unterkunft war das Misfit Hostel, eine großflächige aus weißem Sand bestehende Anlage mit einer zum Strand angrenzenden Sanddüne, bunt bemalten Bungalows und einer schattigen Chillzone mit Küche. Die maximale Kapazität bietet Platz für nur gerade mal 14 Reisende, was im Ergebnis heißt, dass es hier ruhig und ultra entspannt zugeht. Doch nicht nur die Lage machen dieses Hostel zu etwas Besonderem, sondern auch die Tatsache wie und von wem es geführt wird. Rodrigo (meist Rodri genannt), ein ohne Grenzen lustiger Portugiese und seine argentinische Freundin Dai wecken mit ihrer Freund- und Herzlichkeit so ziemlich jeden verschlafenen Geist auf. Hinzu kommen ihre fünf vierbeinigen Kinder, die jeden Hostelgast von einem Fremden sofort unterscheiden können und den ganzen Tag vom Spielen kaum wegzukriegen sind. 
Ich hatte eine Woche im Voraus gebucht, weil zum Jahresende die Verfügbarkeiten in Mancora bekanntlich äußerst knapp werden und ich außerdem meinen Geburtstag direkt am Strand verbringen wollte. Als diese Woche sich dem Ende neigte und mich Dai einige Male dabei erwischte wie ich Sand von den Tischen fegte oder Geschirr spülte, kam Rodri mit folgenden Worten auf mich zu: "Möchtest du länger bleiben? Falls ja, bleib so lange wie du willst. Und bleib doch als Freiwilliger und arbeite mit uns. Die Unterkunft ist dann natürlich umsonst für dich." Natürlich konnte ich hier nicht nein sagen, wollte ich auch nicht. Ich fühlte mich zu wohl und der Gedanke, Teil des Teams und Teil der Familie des Misfit Hostels zu sein, erweckte bei mir eine größere Neugier als die Möglichkeit gleich weiter nach Ecuador zu reisen. 


Da das Misfit weder eine Rezeption noch andere abgegrenzte Bereiche hat, ist meine "Arbeit" recht einfach dargestellt. Morgens das Frühstück bereit stellen, tagsüber Gäste auschecken, die schwerenherzens abreisen, neue Gäste willkommen heißen und ihnen ihr Zimmer zeigen, an der Bar Getränke verkaufen, die Küche sauber und ordentlich halten ... die meiste Zeit blieb mir zum chillen und für interessante Unterhaltungen zu anderen Reisenden. Für Heiligabend und Sylvester machten wir jeweils ein Barbecue für alle Hostelgäste und ich erklärte mich bereit Caipirinhas zuzubereiten, was dazu führte, dass ich zeitweise ins Schwitzen kam, da diese Getränke nur zu gern konsumiert wurden. 
Im neuen Jahr kam die Flut, bedingt durch das klimatische El Niño-Phänomen. Die Wellen wurden immer größer und kamen immer näher an die Anlage heran. Mancora hatte kaum noch weiße Sandflächen. Eine schöne Ausnahme hatte das Misfit Hostel, weshalb vorbeilaufende immer häufiger kurzfristig nach Verfügbarkeit fragten. Dennoch blieb das Hostel durch das steigende Meer nicht unbeschadet. Rodri, unser zweiter Freiwilliger Kris aus Dänemark und ich mussten an einem Tag einen Teil der überdachten Chillzone abbauen. Leider betraf dies die Fläche wo sich vorher die Hängematten drunter befanden. Doch wer dachte, die Kundschaft würde jetzt abreisen und neue Ankünfte fernbleiben, der irrte. 
Auch ich blieb weiterhin ohne irgend einen Gedanken an die mir verbleibende Zeit zu verschwenden. Es kamen auch immer aufs Neue interessante Gäste an, die sich ebenso wohl fühlten und ihren Aufenthalt stets verlängerten. Ich denke da z.B. an Lucy aus Australien, die sich ihre entspannte Ruhe einfach nicht nehmen lassen wollte und ganze drei mal verlängerte, das dritte mal sogar an einem Tag, für welches sie schon ein Busticket zur Weiterfahrt gebucht hatte. Ähnliches passierte auch dem einen oder anderen unserer deutschen Gäste. Milena aus München fiel der Abschied nach über einer Woche genauso schwer wie dem Halbindonesier Edwin. Theresa und Lea aus Mainz verliebten sich quasi sofort in die Anlage des Misfit Hostels und wollten so schnell nicht mehr weg.
Ich fühlte mich so wohl mit dem, was ich jeden Tag im Hostel tat. Wenn ich gerade nichts zu tun hatte, dann war ich entweder lustig oder entspannte mich so sehr, dass ich dazu nur den Sound des Meeres um mich herum benötigte und Internet und Kamera mir meistens einfach am Allerwertesten vorbei gingen. Erst nach meiner Abreise stellte ich fest, dass ich während der 6 Wochen kaum Bilder gemacht hatte, am allerwenigsten solche, auf denen die Menschen erscheinen, die meinen Aufenthalt im Misfit zu etwas unvergesslichem gemacht haben, insbesondere Rodri, Dai und Kris. 
Aus diesem Grund danke ich nachträglich Milena für das folgende Bild, auf dem sie selber, Kris und ich zu sehen sind. Es zeigt die Stimmung im Misfit Hostel nur zu gut. 


Dienstag, 15. Dezember 2015

Ein paar Irrwege durch mein Geburtsland Peru

Was macht man in Peru, wenn man die touristischen Höhepunkte bereits vier Jahre zuvor gesehen hat? Als ich auch von anderen Reisenden, die diese Höhepunkte grade hinter sich hatten, auch noch erfuhr, dass Arequipa, Cusco und Machu Pichu gerade besonders viele Touristen anzieht, war für mich die Entscheidung getroffen. Ich wollte diese Orte nicht nochmal besuchen, zumindest nicht auf dieser Reise. Lieber wollte ich mich auf einen Entdeckungspfad begeben und Orte besuchen, die ich noch nicht kannte. 
Eine Ausnahme machte ich dennoch für meine Geburtsstadt Lima, der Hauptstadt von Peru. Ich weiß nicht von vielen Leuten, die ihre eigene Geburtsstadt so wenig kennen wie ich meine oder sie gar äußerst selten besucht haben. Vor vier Jahren hatte ich hier zwei Tage am Anfang und zwei Tage am Ende einer 3-wöchigen Reise verbracht. Damals empfand ich ein winziges Heimatgefühl obwohl ich nie bleibende Erinnerungen an meine ersten drei in Lima statt gefundenen Lebensjahre hatte. Meine Eltern schwärmen heute noch von einer besonders schönen Zeit, die wir als Familie in Lima hatten. Sie würden heute diese Stadt nicht mehr wieder erkennen. Auch in diesen vier Jahren nach meinem letzten Besuch hatte sich so einiges geändert. Ich merkte recht schnell nach meiner Ankunft, dass die Limeños (so werden die Einheimischen aus Lima gennant) etwas von ihrem herzlichen Charakter verloren hatten. Ein Lächeln dieser Menschen bekam ich nur recht selten zu sehen und teilweise hörte man bei Gesprächen den einen oder anderen Frust raus. Wenn es überhaupt zu Gesprächen kam. Viele Menschen denen man als Reisender begegnet, wie z.B. Verkäufern im Einzelhandel oder Kellner in der Gastronomie, schauen dich meist nicht mal an und hinterlassen den Eindruck, dass ihnen ihre Arbeit völlig gleichgültig ist. Vielleicht beruht dies alles auf die Tatsache, dass in den letzten Jahren hier kaum positive Entwicklung statt gefunden hat. Der Verkehr in den Straßen war laut Informationen, die ich von Taxifahrern erhielt, schlimmer als je zuvor und das ohne dass sich die Transportmittel deutlich modernisiert hätten. Somit lag auch eine ordentliche Ladung Smog in der Luft. Viele Gebäude außerhalb des Stadtzentrums wirkten wie halbfertige Baustellen während im Stadtzentrum selber eine der wenigen Verschönerungen des Stadtbilds stattgefunden hatte. Viele erzählten mir auch, dass die Kriminalität um einiges zugenommen hatte, wobei ich glücklicherweise kein Opfer davon wurde. Eines ist aber dennoch geblieben. Kulinarisch kann man hier nach wie vor für wenig Geld viel bekommen. Ein komplettes frisch zubereitetes Essen (inklusive Vorspeise, Hauptspeise und Getränk) mit Köstlichkeiten des Landes bekommt man hier schon ab 7 Soles (umgerechnet 2 Euro). Schon oft ist die peruanische Küche zu den besten der Welt gekrönt worden und überall im Land findet man äußerst günstige Gelegenheiten sehr billig und gut zu essen. Mein Favorit wird auch nach diesem Aufenthalt  in Peru das bekannte Ceviche bleiben, kleingeschnittener roher Fisch mit Limettensaft mariniert und scharf gewürzt. 
Im Anschluss wollte ich eigentlich ins nördlich gelegene Hochland, genauer gesagt zur Cordillera Blanca reisen, denn diese wurde in vielen Seiten im Internet als einer der schönsten Gebirgslandschaften Südamerikas bezeichnet. Doch die Wettervorhersagen für das Hochland machten mir einen Strich quer durch meine Reisewünsche. Dezember ist für die Cordillera Blanca eine glatte Regenzeit mit vielen vielen Niederschlägen und das leider täglich. Doch selbst ohne Regen ist der Himmel so bewölkt, dass man die schönen Berge während einer Wanderung gar nicht zu sehen bekommt. 
Also entschied ich mich direkt in die noch weiter nördlich gelegene Stadt Chachapoyas zu reisen. Diese liegt zwar noch in den Bergen, aber durch die Nähe zum Amazonasgebiet ist das Kilma zu dieser Jahreszeit nicht ganz so naß. Wie so viele Städte in Peru hat Chachapoyas einen sehr schön konservierten Stadtkern mit einer immer renoviert aussehenden Plaza de Armas (Waffenplatz), wie in Peru alle fast alle Hauptplätze in einer Stadt bezeichnet werden. Das Highlight von Chachapoyas ist allerdings ein Besuch der Ruine Kuelap, eine Ruine aus der Prä-Inka-Zeit, etwa 2,5 Stunden von Chachapoyas entfernt. Der Besuch dieser Attraktion lohnte sich total, auch weil diese einstige Stätte bei weitem nicht so viele Besucher hat wie Machu Pichu. Unterschiedlich ist auch hier der Ursprung. Während das bekannte Machu Pichu von den Inkas selbst einst bewohnt wurde, handelte es sich bei Kuelap um eine Stadt die vom Volk der Chachapoyas bevölkert wurde, die wiederum von den Inkas ausgerottet wurden. Durch diese Komplett-Eroberung weiß man auch nicht allzu viel über die einzigsten Bewohner. Selbst der Name Chachapoyas (in Quechua "Wolkenkrieger") wurde ihnen von den Inkas gegeben. Genauso wie bei Machu Pichu ist es auch hier ein Rätsel wie einst Menschen diese vielen schweren Steine so hoch in die Berge transportieren konnten. 


Neben Kuelap gab es um Chachapoyas noch weitere Ausflugsmöglichkeiten. Das Wetter wurde aber leider schlechter. Einen halbsonnigen Tag hatte ich aber noch. An diesem besuchte ich einen nahegelegenen Aussichtspunkt einer Gebirgsschlucht. Hier hatte man eine Aussicht, bei der man die Gewaltigkeit der Anden wieder einmal zu Gesicht bekam. 


Von Chachapoyas ging es dann weiter nach Tarapoto. Hier schien wieder die Sonne und durch das nahe Amazonasgebiet spürte ich wieder tropische Hitze. Die Stadt selber war einer der lautesten, die ich in letzter Zeit besucht hatte. Gefühlt sind hier genauso viele Mopeds und Tuktuks auf den Straßen wie in Bangkok unterwegs. Ich hatte vor, von hier aus irgendeine Tour in den Dschungel zu machen. Leider war das Angebot enttäuschend. Was angeboten wurde waren Mega-Super-Touri-Touren bei denen irgendwelche Landschaftsobjekte wie Seen, Wasserfälle, Flüsse oder kleine Palmenwälder sowie nahe gelegene Kleinstädte innerhalb eines Tages besichtet wurden. Um richtig autentische mehrtägige Regenwaldtouren von hier aus unternehmen zu können, hätte ich unbestimmte Zeit warten müssen bis genügend Tourteilnehmer sich zusammen gefunden hätten. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen noch weiter rein ins Amazonasgebiet zu reisen. Ich entschied mich dagegen. Letztendlich war ich im Juli schon recht lange auf dem Amazonas selbst gereist und hatte die schönsten Erinnerungen dran. 
Weil es nicht mehr lange bis zu meinem Geburtstag war, wollte ich nur noch eins: Die Küste erreichen, für ein paar Tage keine Busfahrten haben und so nah am Strand wie möglich ausgiebig chilen.

Montag, 30. November 2015

Lago Titicaca - ein See, so schön und doch so hoch

Nach La Paz brauchte ich wieder mehr natürlichen Sauerstoff. Wenn ich so schnell aus diesem Hochland mit dünner Luft nicht mehr rauskommen sollte, dann wollte ich doch wenigstens wieder mehr Frischluft und weniger Abgasse einatmen. Hinzukam, dass ich möglichst bald in Peru sein wollte. So sehr mir Bolivien auch gefiel, hörte ich meine innere Stimme sagen, dass ich mich möglichst bald in mein Geburtsland begeben sollte. 
Der Titicacasee (span. Lago Titicaca) zu ca. 40% bolivianisch und zu ca. 60% peruanisch, ist neben den Iguazu-Wasserfällen eines der Ländergrenzen Südamerikas mit der größten Naturattraktivität. Für beide Andenländer ist der See eine viel besuchte Destination von Touristen. Auf bolivianischer Seite blieb ich noch zwei Nächte im Ort namens Copacabana. Copacabana? Da war doch was. Ja genau, so heißt auch der berühmte Strand in Rio de Janeiro, den ich knapp zweieinhalb Monate zuvor besuchte. In meiner Vermutung, dass die Bolivianer diesen Namen von den Brasilianern kopiert hatten, um mehr Touristen anzuziehen, lag ich komplett falsch. Der Name entstand nämlich tatsächlich am Titicacasee durch die Aymara, eines der indigenen Völker aus den Anden-Staaten Bolivien, Peru und Chile. Der prominenteste der Aymara ist ohne Zweifel der derzeitige Präsident Boliviens, Evo Morales. In der Sprache der Aymara heißt Copacabana "quta qawana", was so viel bedeutet wie "Sicht auf den See". Nachdem Brasilianer aus Rio einst hier her kamen, tauften sie das später aufblühende Stadtviertel in Rio mit dem gleichen Namen. Weshalb? So genau weiß es keiner. Vermutlich war es die halbmondförmige Bucht mit den umliegenden Hügeln.


Im Bolivianischen Copacabana gibt es nicht allzu viel zu sehen. Eine Wanderung auf einen der umliegenden Hügel mit schönem Ausblick ist noch eines der Highlights. Erlebnisreicher war für mich dann doch der Tagesausflug auf die Isla de Sol (Sonneninsel). Auf dieser gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man bleibt gleich übernacht auf der Insel oder man wandert innerhalb von zweieinhalb Stunden von der Nord- zur Südseite um dann wieder mit dem Boot zurück nach Copacabana zu fahren. Ich entschied mich für Zweiteres und merkte während der Wanderung mal wieder, dass ich mich noch immer im Anden-Hochland-Gebiet befand. Es wirkt schon etwas unglaubwürdig, aber der Titicacasee befindet sich tatsächlich auf einer Höhe von über 3800 Metern über dem Meeresspiegel. Die Luft wurde während der Wanderung also mal wieder etwas dünn, zumindest beim Aufstieg. Die höchste Erhebung der Insel, die man während der Wanderung erreicht, liegt bei knapp 4000 Metern. 


Gerade noch rechtzeitig erreichte das Boot am späten Nachmittag wieder Copacabana, damit ich noch in meinen Bus nach Puno in Peru steigen konnte. Nach weniger als einer halben Stunde Busfahrt bekam ich mal wieder einen Ausreise- und einen Einreisestempel mehr in meinem Pass. Ein Gefühl der Freude und Geborgenheit stieg in mir auf. Ich war in Peru, in meinem Geburtsland. Meine Familie und ich verließen dieses Land als ich gerade mal drei Jahre alt war. Erst vor vier Jahren kehrte ich für eine kurze Reise zurück. Aber jetzt war ich wieder hier, offenherzig und frei um das Land, in dem ich einst zur Welt kam, noch näher kennen zu lernen. 


Die Stadt Puno ist um einiges größer als Copacabana in Bolivien. Einige Gebäude im Stadtkern sind aus der Kolonialzeit erhalten geblieben. Der Rest ist eine Mischung zwischen Touristen- und Arbeiterstadt. Am Ufer des Titicacasees häufen sich die Anbieter, die Ausflüge zu den Inseln äußerst billig anbieten. Ich entschied mich für eine Zwei-Tages-Tour, die sich im Nachhinein als größtenteils unautentisch erwies aber dennoch ein schönes Erlebnis für mich war. Zunächst ging es auf eine der Urus, den schwimmenden aus Schilf erschaffenen Inseln. Unglaublich fand ich dabei mit welcher Sorgfalt die einzelnen Häuser und sogar die Boote ebenfalls aus Schilf erbaut sind. Mir aber auch klar, dass diese während meiner Tour besuchte Urus-Insel jedenfalls keine war, die tatsächlich bewohnt ist, sondern eine rein für den Tourismus präparierte Insel war. So schön diese kleine schwimmende Insel auch war, authentisch war sie nicht. 



Anschließend ging es auf die größere (normale nicht-schwimmende) Insel Amantaní, die von Nachfahren der Quechua bewohnt sind. In der Tour inklusive war eine Übernachtung mit Verpflegung bei einer der auf der Insel lebenden Quechua-Familien. Meine Gastgeber waren Gabriel und Alicia (ihre Quechua-Namen konnte ich nicht aussprechen). Alle Familien leben hier ohne fließendes Wasser und Strom bei den verschiedensten Witterungsbedingungen. Neben der Landwirtschaft ist die kurze Beherbergung von Touristen einzige Einnahmequelle für Familien wie die von Gabriel. 


Auf der Insel Taquile, die ich am zweiten Tag der Tour besuchte, wohnen ebenfalls Quechua-Familien. Diese führen für die täglich ankommenden Touristen Tänze auf und bereiten für diese auch Essen zu. 
Doch genauso wie im Tag zuvor bei dem Besuch der Urus-Insel, wurde mir aber auch hier wieder klar, wie weit die Kommerzialisierung des Tourismus am Titicacasee schon gekommen ist. Die Tänzer, die auch das Mittagessen für mich und die anderen Gruppenteilnehmer zubereiteten, waren wenig später - dann wieder weniger traditionell bekleidet - bei uns im Boot auf dem Weg zurück nach Puno. ;-)


Als ich nach Beendigung der Tour mich noch mit einer Holländerin, die mit von der Gruppe war unterhielt, meinte diese: "It was a big show, but it was nice anyway." So empfand ich es auch.

Montag, 23. November 2015

La Paz - eine etwas andere (Haupt)stadt

Noch am selben Tag, an dem meine Altiplano-Tour im doch ziemlich hässlichen Ort Uyuni ihr Ende fand, entschloss ich mich zur Weiterfahrt. Ich verabschiedete mich von allen, die an der Tour teilgenommen hatten und mit einer ganz festen Umarmung von unseren Guides, insbesondere von Jenrry mit ein paar letzten Worten. "Du und dein Bruder, zusammen mit eurer Mutter als Tourköchin, macht eure Arbeit hervorragend. Macht weiter so! Und ich hoffe ihr bekommt mal die Chance Englisch oder vielleicht sogar weitere Sprachen zu lernen. Dann hättet ihr echt das Zeug dazu, zu den besten Guides in dieser Region zu werden." Ich sagte das nicht ohne Grund. Dass die meisten Guides für die Altiplano-Touren kaum Englischkentnisse hatten, war leider eine Tatsache, die ich durch Unterhaltungen in den vergangenen Tagen feststellte, mich aber aufgrund der mangelnden Bildungsreformen in Bolivien nicht verwunderte. Hinzu kam, dass es schon oft Zwischenfälle mit Guides in der Region, meist wegen Alkohol, gegeben hatte. Jenrry und Elvis benahmen sich dagegen tadellos und tranken während der gesamten Tour keinen einzigen Tropfen. "Es war mir eine Ehre dich als Kunden zu haben, Norberto. Super vielen Dank, dass du alles übersetzt hast und somit jeder ein paar Informationen und Erinnerungen über unsere Kultur mitnehmen kann. Möge Gott dich auf deiner weiteren Reise beschützen." 
Am Busbahnhof kaufte ich ein Ticket ins 6 Stunden entfernte Sucre, wobei mir nicht gesagt wurde, dass ich zwischendrin in Potosí umsteigen müsse. Als ich dies allerdings feststellte, war ich heilfroh, denn ich musste ganz dringend für kleine Norbertos und mein Hin- und Herrücken auf meinem Sitzz wurde für andere Fahrgäste schon auffällig. Aufgrund der Mittagshitze in Uyuni trank ich nochmal ordentlich Wasser vor der Abfahrt. Busse in Bolivien haben meistens nicht den Komfort, den man aus anderen Ländern gewohnt ist und eine Toilette im Fahrzeug gibt es nur selten. Auf einer 4-Stunden-Fahrt sind Pausen auch nicht üblich. Wo auch, wenn man auf der einzig vorhandenen Landstraße durch die Anden kreuzt und nur schöne unberührte Gebirge um sich herum sieht.
Sucre ist die offizielle Hauptstadt von Bolivien und nicht wie viele glauben La Paz. Lediglich der Regierungssitz wurde irgendwann einmal nach La Paz verlegt, die meisten und wichtichtigsten ausländischen Botschaften befinden sich aber nach wie vor in Sucre, was auch gerne als die schönste Stadt Boliviens genannt wird. In der Tat war Sucre mit seinen kolonialen Bauten, meist weiß gestrichen, schön. Für mich was es allerdings nur eine Kolonialstadt mehr auf meiner langen Reise und ich gestehen muss während dieser schon weit aus schönere gesehen zu haben. Aus diesem Grund war ich in Sucre auch nicht sonderlich aktiv, sondern nutze die Bequemlichkeiten eines echt guten Hostels und ruhte mich die meiste Zeit aus. Der vermisste Schlaf auf der Altiplano-Tour hatte doch einige Spuren bei mir hinterlassen. 
Es ging also weiter nach La Paz, der größten Stadt Boliviens. Sofort stellte ich eines fest: La Paz ist mit keiner anderen Großstadt in Südamerika vergleichbar. Lediglich einige Hochhäuser, die aber beim genaueren Hinsehen dennoch recht alt aussehen, symbolisieren den (langsamen) Fortschritt Boliviens. Aufgrund der Lage der Stadt mit seinen unstrukturierten Bauten an den Hängen, erinnerte mich vieles an die von mir viel diskutierten Favelas in Rio. 


In den Straßen herrscht großes Treiben. In keiner anderen Stadt Südamerikas arbeiten so viele Leute auf der Straße wie hier. Die Straßenstände unterscheiden sich nicht großartig. Handwerks- und Webkunst in Hülle und Fülle, für ausländische Touristen ein wahrer Traum, denn auf Festen wie beispielsweise Weihnachtsmärkten in Deutschland zahlt man für einzelne Stücke gut und gerne das 10-fache. 

Im Stadtkern von La Paz findet man einige schön anzusehende alte koloniale Bauten und darüber hinaus erinnert einiges an die Helden, die einst die Kolonialregierung durch die Spanier beendeten. Am meisten genannt ein gewisser Simón Bolivar, - auch bekannt als "El Libertador" - nach dem das Land nach seiner erfolgreichen Befreiung benannt wurde. Hierbei sei auch gesagt, dass dieser Mann nicht nur in Bolivien, sondern in vielen spanisch sprachigen Ländern Südamerikas ein ewiger Held ist und für ewig bleiben wird.


Seit knapp drei Jahren ist La Paz durch ein Transportmittel reicher, was wenig später zur Touristenattraktion geworden ist. Österreicher bauten damals drei Seilbahnstrecken, die den Menschen helfen, die weit oben in den Hängen oder ganz oben am Berg wohnen, in die Stadt im Tal und wieder nach Hause zu kommen.


Mittwoch, 18. November 2015

El Altiplano Boliviano - einzigartige Landschaften, die man so schnell nicht vergisst

Eine zweistündige Busfahrt hieß es für mich noch zu bewältigen um die Grenze zwischen Argentinien und Bolivien zu erreichen. Ein bisschen schlechtes Gewissen hatte ich ja schon, dass ich Argentiniens Highlights, nämlich seine Regionen im Süden, nicht besucht hatte, aber preislich gesehen konnte ich es mir einfach nicht erlauben. Umso mehr freute ich mich auf Bolivien. Über dieses Land wusste ich schon so einiges, unter anderem dass es zum reisen das billigste aller Länder Lateinamerikas ist. Ebenfalls wusste ich dass dort Landschaften auf mich warten würden, die ich wahrscheinlich sonst nirgends wo anders zu Gesicht bekommen würde. In der kleinen und recht staubigen Stadt Tubiza (einundhalb Stunden hinter der Grenze) blieb ich nur einundhalb Tage, bevor es mit dem Bestaunen von Naturwundern losgehen sollte. Ich buchte ein 4-Tages-Tour für den südwestlichen Rundkurs auf dem Altiplano. Ich wusste nur teilweise, was mich erwartete. Und eigentlich wollte ich überhaupt keine Erwartungen haben, vor allem was die klimatischen Bedigungen anging. Der Altiplano ist auch bekannt dafür, dass Reisende sich teilweise oder sogar während einer gesamten Tour unwohl fühlen. 
Als die Tour in einem Geländewagen in Tupiza startete, befand ich mich nur noch knapp unter 3000 Meter Höhe. Dies sollte sich recht schnell ändern. 
Mit an Bord war ein junges französiches Paar, ein recht ruhiger aber sehr kulturinteressierter Mittevierziger aus Oregon (USA) und unser Fahrer und Guide Jenrry (ja, er schreibt sich so). In dem Geländewagen was stets vor uns fuhr, war Elvis (der Bruder von Jenrry) der Fahrer-Guide und hatte als Fahrgäste eine vierköpfige holländische Familie. Die beiden Geschwister Hannah und Leonardo waren bereits erwachsen. Leonardo, der schon seit ein paar Monaten in Buenos Aires lebte, hatte dieselbe unfreiwillige Aufgabe wie ich bei meiner Gruppe erhalten, nämlich alle Erläuterungen und Erzählungen unsere Guides ins englische für den Rest der Gruppe zu übersetzen. Die Agentur hatte nämlich keinem von uns Kunden vorher darüber informiert, dass die Guides nur Spanisch (und nebenbei auch Quechua) sprachen, aber eben kaum Englisch. Im Nachhinein muss ich ehrlich zugeben, dass mir diese Aufgabe echt Spaß machte, auch wenn ich so manche spezifischen Worte im Englischen nicht kannte und oft umschreiben musste. 
Der erste Tag der Tour führte uns bereits auf über 4000 Meter Höhe, wobei das erste Mittagessen der Tour noch bei ca. 3900 Metern eingenommen wurde. Spätestens jetzt realisierte ich, dass ich in den Anden angekommen war. Aus dem Fenster des Jeeps blickend, bestaunte ich die nicht endende und dichte Gebirgskette mit seinen wundervollen Farben. Immer wieder waren auf der Strecke Lamas zu sehen, was Jennry dazu veranlasste mir gleich eine Menge über diese Tiere zu erzählen. "Mehr als die Hälfte, der hier in der Gegend wohnenden Menschen, lebt von der Zucht von Lamas. In der Regel können diese Tiere bis zu 13 Jahre alt werden, aber in der Regel werden sie im Alter zwischen 3 und 4 Jahren geschlachtet um das Fleisch verkaufen zu können. Während ihrer Lebensjahre werden sie in regelmäßigen Abständen teilgehäutet, denn der Verkauf der Wolle bringt ebenfalls Geld ein. Was die Schlachtung angeht, haben Studien mittlerweile erwiesen, dass das Lamafleisch sogar gesünder als Scheine- oder Rindfleisch ist. Vorher war der Verkauf an die höherklassige Bevölkerung eher schwierig, weil diese glaubten, es sei ungesund."
Jenrry erzählte mir auch viel über die bolivianische Kulter allgemein. Ich staunte nicht schlecht, als ich von ihm hörte, dass 95% der erwachsenen bolivianischen Bevölkerung regelmäßig (was täglich bedeuten sollte) Cocablätter kaut. Auch wir konsumierten das eine oder andere Blat während der Tour. "Viele Touristen machen das, denn die Cocapflanze hat eine enorme Heilkraft, vor allem gegen die Höhenkrankheit und viele Reisende sind diese Höhen wie hier einfach nicht gewohnt und stellen sehr schnell fest, dass die zur Verfügung stehende Luft zum atmen hier oben äußerst gering ist."
Unsere Tour führte uns an verschiedene Seen (wobei diese im bolivianischen Sprachgebrauch eher als Lagunen bezeichnet werden), nie vorher gesehene Wüstenlandschaften, zu Ruinen und sogar zu Geysiren. Die Vielfalt inklusive der spektakulären Farben in dieser Gegend war einfach nur wunderschön, anders kann man es wohl nur schwer ausdrücken. Der höchste Punkt auf der Tour befand sich auf einer Höhe von 4900 Metern. 


Die Nächte verbrachten wir in bescheidenen Unterkünften, wobei jeder ein sehr großes Bett und ausreichend Decken und wenn gewünscht sogar ein Schlafsack zur Verfügung hatte. Dies war auch nötig. Tagsüber war es meist schon sehr windig, aber ab Spätnachmittag pfeifte der Wind nur so durch den Altiplano was zu Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt führte. Wäre ich zwei bis drei Monate früher hier gewesen, hätte ich definitiv nicht ausreichend warme Klamotten dabei gehabt. Schlafen war Nachts dennoch nicht ganz so einfach. Die Luft ist für Bewohner aus flachen Gebieten einfach zu ungewohnt dünn. 
Der vierte und letzte Tag der Tour war zugleich das Highlight, einen Vormittag auf dem Salar de Uyuni, der größten Salzwüste der Welt. Hier sind schon so einige lustige Fotos entstanden. Auch wir hatten viele Ideen, die mit unseren diversen Kameras umgesetzt wurden. 


Donnerstag, 12. November 2015

Quebrada de Humahuaca - mein Weg zur Bolivianischen Grenze

Die wenigen Tage, die ich in Buenos Aires verbracht hatte, erschuetterten mein Reisebudget leider etwas zu sehr. Dies zwang mich dazu, den schnellsten Weg aus dem Land heraus zu finden. Wie gerne haette ich die landschaftlich attraktive Region Patagonien besucht, aber dies haette dazu gefuehrt, dass ich deutlich weniger Geld fuer den Rest meiner Reisezeit uebrig gehabt haette.
Eine ueber 20-stuendige Busfahrt fuehrte mich zunaechst in die nordwestlich gelegene Stadt Salta. Mit ueber einer halben Mil. Einwohnern ist sie die fuenftgroesste in Argentinien. Das Stadtzentrum von Salta hat einige schoene Kolonialbauten und von einem Huegel am Stadtrand aus hat man einen netten Ausblick auf die ganze Stadt. Ansonsten hatte Salta selbst nicht so viel zu bieten wie - soweit ich erst spaeter erfuhr- viele andere Orte des gleichnamigen Staates. Diese waeren aber wieder Richtung Sueden gewesen und meine Weitereise sollte so schnell wie moeglich an die bolivianische Grenze gehen. Daher entschied ich mich fuer das noerdlichste Highlight Argentiniens, die Quebrada de Humahuaca (Schlucht von Humacuaca). Hierbei handelt es sich um die suedlichsten Auslaeufer der Anden. Hier gibt es einige kleine Doerfer und winzige Siedlungen, wo Menschen leben, die zu den aermsten Argentiniens gehoeren. Ich blieb im bekanntesten und gleichnamigen Ort Humahuaca, von wo ich aber leicht und schnell mit dem Bus andere Orte besuchte. Moderner Fortschritt ist fuer viele in dieser Gegend noch fremd. Es war fasts schon unglaubwuerdig fuer mich, dass etwas wie Internet hier schoen verfuegbar ist. Woran man mich hier wirklich erfreuen konnte, war die Landschaft. Weit und breit nur Berge und Felsformationen in verschiedenen Farben. Das bekannteste Gebirgsmassiv namens Hornocal besuchte ich an meinem zweiten Tag, genauer gesagt, den Aussichtspunkt von dem man diese bunte natuerliche Spektakel betrachten und geniessen konnte.