Sonntag, 5. April 2015

Zipolite - "Strand der Toten"

Der Abschied aus Oaxaca-Stadt fiel Germán und mir recht schwer. Zudem mussten wir uns von Myriam verabschieden, da sie drei Tage später ihren Rückflug nach London hatte. Für sie war es nur eine kurze dreiwöchige Reise in Guatemala und Mexiko. Auch Germán blieb nicht mehr all zu viel Zeit. Seine ebenfalls dreiwöchige Reise durch Mexiko hatte schon fast Halbzeit und laut seiner Planung hatte er sich noch einiges vorgenommen. Erinnert mich sehr an meine bisherigen Reisen, wenn der Zeitdruck mir keine Ruhe ließ, obwohl ich doch noch so viel sehen wollte. Dennoch überredete ich Germán mit mir an die Pazifikküste zu fahren um am Strand zu chillen. Unsere erste Herausforderung war der Kauf der Busfahrkarten. Der Marktführer Grupo ADO, zu dem mehrere Busunternehmen in Mexiko gehören, hatte bereits Ausverkauf. Es waren nur noch drei Tage bis Karfreitag und viele Mexikaner zieht es über die Feiertage an die Küste. Wir ergaterten noch zwei Tickets für die 9-stündige Nachtfahrt nach Pochútla über ein eher weniger komfortables, aber doch sehr preiswertes Busunternehmen. Uns war es egal. Da wir tagsüber Monte Alban besucht hatten und uns noch ein paar Abschieds-Mezcal mit Myriam gegönnt hatten, waren wir sehr müde. Germán schlief sogar die ganze Fahrt durch, während ich bei einer der Pinkelpausen mir den Knöchel verstauchte als ich aus dem Bus austretten wollte. Zu meiner Bewunderung waren sofort zwei Einheimische an Ort und Stelle und halfen mir auf. Den Schmerz spürte ich zunächst gar nicht, da ich anschließend auf meinem Sitz gleich weiter schlief. 
Wir erreichten Pochútla um 5:30 Uhr. Unser Ziel war aber der Strand von Zipolite, einer Hippie-Kolonie, ca. 20 km entfernt. Da um diese Uhrzeit keine Colectivos (Bezeichnung in vielen Ländern Lateinamerikas für städtische und regionale Sammeltaxis in Form von Minivans oder manchmal sogar Pickups mit überdachten Sitzbänken auf der Ladefläche) mehr fuhren, nahmen wir uns ein Taxi. Um 6:00 Uhr morgens erreichten wir den Strand und noch immer war es stockfinster. Wir entschlossen uns, zunächst noch zwei Stündchen am Strand weiter zu schlafen und uns anschließend nach einer Unterkunft für die kommende Nacht umzuschauen. 



Zipolite, ein etwa 2 km langer Küstenabschnitt an der Pazifikküste des mexikanischen Bundesstaates Oaxaca, heißt übersetzt in der Sprache der Zapotheken "Strand der Toten". Grund ist die durch die Wellen erzeugte unberechenbare Unterströmung. Schwimmen ist daher hier sehr gefährlich und Einheimische berichten sogar von sportlichen Schwimmern, die hier schon ertrunken sind. Ein kleines Bad wollten wir uns trotzdem nicht nehmen lassen. Einer der Rettungsschwimmer pfiff uns allerdings zurück, als wir doch schon recht weit draußen waren. "Schwimmt bitte nicht zu weit raus. Die Brandung ist gerade sehr stark und ich musste diese Woche schon drei Leute raus fischen.", sagte er uns zwar direkt aber dennoch super freundlich. "Wenn ihr schimmen wollt, versucht es lieber parallel zum Strand, da kann nicht viel passieren. Wir bedankten uns für den wichtigen Hinweis und versprachen sehr vorsichtig zu sein. Eduardo, so hieß der Rettungsschwimmer, unterhielt sich noch ein wenig mit uns und erzählte uns noch von der einen oder anderen seiner Heldentaten. "Ihr seid doch gerade angekommen. Ich kann euch etwas Mota (Marijuana) verkaufen, wenn ihr wollt." Ich staunte nicht schlecht. Ein Rettungschwimmer rettet Menschen quasi das Leben und bietet anschließend noch was zum Kiffen an. Wahnsinn! Aber was war an diesem Hippie-Strand wohl schon gewöhnlich? Hier wird jeden Abend gefeiert und das nicht gerade leise. Zudem ist Zipolte auch der einzige Nacktbadestrand Mexikos. Wohlgemerkt ist es aber keine Pficht sich hier auszuziehen, weshalb die Anzahl der FKKler doch recht überschaubar ist. 
Die meisten Unterkünfte, die direkt am Stand liegen, sind mit Palmblättern bedeckte Hütten (Cabañas). Camping ist allerdings auch sehr beliebt, zumal Schattenplätze ausreichend vorhanden sind. Da Germán aus Zeitgründen nur eine Nacht bleiben wollte, nahmen wir uns die bevorstehende Nacht eine recht schöne Cabaña mit direktem Blick aufs Meer. Auf dem Balkon befand sich sogar eine Hängematte. Germán bot mir sofort an, in der Hängematte zu schlafen und überließ mir das große Bett. Den Rest des Tages kühlte ich meinen Knöchel mit Eisbeuteln und sonnte mich bei kühlen Getränken unter hitziger Sonne. 

Am Tag darauf ging es genauso weiter. Germán verabschiedete sich am späten Nachmittag um in Pochútla noch seinen Nachtbus nach San Cristobál zu bekommen. Ich wohlte unbedingt noch eine Nacht bleiben, aber versprach Germán, ihn über Whatsapp zu kontaktieren, falls ich am Tag darauf nach San Cristobál fahren würde. Um mein Reisebudget nicht zu strapazieren, wechselte ich für die bevorstehende Nacht meine Unterkunft und mietete mir eine Hängematte 20 Meter weiter. Ich sollte nicht viel Schlaf bekommen, da über Nacht eine Rave-Party genau da stattfand, wo meine und andere Hängematten hingen. Aber mich störte es nicht. Ich holte den Schlaf am Tag darauf im Schatten entspannt nach. Ich überlegte noch lange ob ich noch eine Nacht bleiben sollte, so sehr genoss ich die Atmosphäre mit dem Klang der Wellen. Da aber mittlerweile der Strand recht voll geworden war - es war bereits Karfreitag - ,entschloss ich mich für den Nachtbus nach San Cristobál.