Mittwoch, 6. Mai 2015

Ciudad de Guatemala - Besuch bei einer guten Sache

Was hatte ich nicht alles über diese Stadt gehört und gelesen. Dreckich, gefährlich und verkehrstechnisch ein absoluter Supergau - in der Summe waren das die meist genannten Erläuterungen zu Guate, so wie die Hauptstadt Guatemalas von Einheimischen oft genannt wird. "Was um Gottes Willen willst du dort?" Diese Frage wurde mir seit meiner Ankunft in Guatemala oft gestellt, nachdem ich erzählte, dass ein mehrtägiger Besuch von Guate für mich ganz oben auf der Prioliste stehen würde. 
Tatsächlich gab es für mich einen sehr guten Grund diese Stadt aufzusuchen. Meine Exfreundin Saskia war hier über drei Jahre lang Leiterin des Schulsozialprojekts PROCEDI (www.procedi.de). Das Projekt wird u.a. unterstützt durch Patenschaften in Deutschland. Durch diese Hilfe bekommen Kinder, die mit ihren Familien in einem Armenviertel in Guatemala-Stadt wohnen, eine Schulausbildung.
Saskia und ich lernten uns nach ihrer Rückkehr nach Deutschland kennen, als sie für das Projekt ehrenamtlich tätig war. Während unserer Beziehnung äußerte ich mal den Wunsch, ebenfalls PROCEDI durch eine Patenschaft zu unterstützen. So kam es, dass Saskia mir eine Patenschaft vor vier Jahren vermittelte. Für mich bestand nie ein Zweifel, dass ich mit einem kleinen Bruchteil meines Gehalts viel Hilfe bewirken könne, auch nicht nachdem Saskia und ich uns trennten. Mittlerweile ist sie wieder hier her gezogen und unterstützt weiterhin PROCEDI in beratender Funktion. 
Ich freute mich schon seit Tagen auf das was kommen würde, nicht nur mein Patenkind endlich persönlich kennen zu lernen, sondern das Projekt, von dem mir Saskia immer sehr viel erzählt hatte, persönlich besuchen zu können. Am 29. April war es endlich so weit. Saskia holte mich sogar persönlich mit dem Auto in Antigua ab. "Es freut mich dich zu sehen. Du siehst ja sehr erholt aus. Das Langzeitreisen scheint dir ja gut zu tun". Mit diesen Worten begrüßte mich Saskia und kurz darauf fuhren wir dann auch Richtung Guate und hinein in die Zone 18. Während der Fahrt erzählte sie mir wie unterschiedlich die einzelnen Zonen der Stadt sind. Während in Gegenden wie Zone 10, Zone 13 oder Zone 14 viele gutverdienende Menschen leben und man sich dort einigermaßen sicher fühlen kann, ist die Zone 18 mit die unbeliebteste von allen. Hier findet man die meisten Armenviertel und Kriminalität ist hier leider ständig zu Gange. Eines dieser Viertel, wo sich normalerweise kein Reisender hin verlaufen würde, ist Lomas de Santa Faz. Dort befindet sich PROCEDI. 
Die Schule besteht aus drei Stockwerken mit insgesamt 4 Klassenräumen und einem kleinen Schulhof, der auch für den Sportunterricht genutzt wird. Im obersten Stockwerk ist der Speisesaal. Hier bekommen die Kinder Frühstück und Mittagessen, was ebenfalls eine Leistung ist, die durch die Patenschaften finanziert wird. Von hier aus hat man einen Blick auf die Umgebung von Lomas de Santa Faz. Dieses Bild ist wahrlich erschreckend. Menschen wohnen hier in Hütten, die nur durch ein Blechdach abgedeckt sind.


Die Freude der Kinder, wenn Saskia im Projekt ankommt, ist jedesmal riesig. Noch mehr freuen sich die Kinder wenn zusätzlicher Besuch kommt, am meisten wenn sie wissen, dass es sich um Paten aus Deutschland handelt. Mein Patenkind Lisette lernte ich schon kurz nach unserer Ankunft kennen. Im Vergleich zu vielen anderen Kindern aus dem Projekt ist sie eher schüchtern, dennoch merkte man es ihr an wie sehr sie sich freute mich endlich persönlich kennen zu lernen. Bisher kannten wir uns nur von ein paar Briefen und Bildern. 


Ich hatte aber einfach alle Kinder gern. Sie spielten, lachten, sprangen um mich herum, umarmten mich und ließen sich gerne fotografieren. Natürlich stellten sie mir auch sehr viele Fragen. Ob ich Kinder habe, ob ich verheiratet bin, ob mir Guatemala gefiele, wohin ich schon überall gereist wäre, wie der Schnee in Deutschland sei ... sie waren einfach an allem so interessiert. 
Ich verbrachte gerne Zeit im Projekt. Es war ein so unbeschreiblich schönes Gefühl, die Kinder so fröhlich zu sehen, gleichzeitig wissend, dass sie in doch so traurigen Verhältnissen leben.



Während meines Aufenthalts in Guate übernachtete ich bei Markus, einem Deutschen, den ich im Surfcamp El Paredon eine Woche zuvor kennen gelernt hatte und der mit anbot bei ihm zu übernachten. Markus ist seit 4 Monaten hier und arbeitet für ein Investmentunternehmen. Zusammen fuhren wir am Wochenende des 1. Mai wieder an den Strand, diesmal nach Monterrico, dem beliebtesten Wochenendziel für Einwohner aus Guate. Durch das verlängerte Wochenende war es nicht ganz so einfach eine Unterkunft zu finden. Es sollte sich aber herausstellen, dass wir am Ende genau das richtige Hotel gewählt hatten, auch wenn es preislich etwas über meinem Budget lag. Es handelte sich um ein kleines Hotel direkt am Strand namens "Marbella Eco Lodge". Die Besitzer waren ein sehr nettes Ehepaar, die wohl auch durch ihre Vornamen Cecilio und Cecilia zusammen gefunden haben. Cecilia ist aus El Salvador und arbeitete mehrere Jahre in Spanien. Cecilio, ein Spanier aus Bilbao, ist einer dieser Menschen, mit denen man sich stundenlang unterhalten kann und man nicht müde wird. Ich würde ihn mal so beschreiben: Einem Gemisch aus einem Mega-Intellektuell und einer großen Portion Humor, dazu eine Lebens- und Berufserfahrung in Ländern wie Spanien, Deutschland, USA, Irak, Dominikanische Republik, Guatemala und El Salvador. Hinzukommt, dass er früher als Ingeneur, heute als Kunstmaler und Schriftsteller arbeitet. Unfassbar was er alles zu erzählen hatte. Beide leben zurzeit in El Salvador und kommen an den meisten Wochenenden hierher um ihr Hotel auf Vordermann zu bringen.