Montag, 18. Mai 2015

El Salvador - eines der angeblich gefährlichsten Länder der Welt

Wie oft passiert es während so einer langen Reise, dass man ursprünglich gedachte Routen nicht einhält. Mir geht es spätestens seit meiner Ankunft in Guatemala so. Je mehr Menschen ich unterwegs kennen lerne, desto mehr komme ich auf neue Ideen und verwerfe vorherige Meinungen. Ein gutes Beispiel dafür ist mein einwöchiger Aufenthalt in El Salvador, dem von der Fläche her kleinsten Land Zentralamerikas. Vor und zu Beginn meiner Reise nannte ich dieses Land immer auf der Liste der Länder, die ich nicht vor hatte zu besuchen. Zu gefährlich, zu viel Gewaltpotential, zu viel Bandenkriminalität ... das ist das, was man so über El Salvador hört und liesst. Mich stimmten zwei Dinge um. Zum einen erfuhr ich von vielen Seiten, dass die Salvadorianer zu den freundlichsten und herzlichsten Völkern Zentralamerikas gehören. Hinzu kam noch, dass Cecilia und Cecilio (das Hotelbesitzerpaar aus Monterrico aus - siehe Ende letztes Kaptitel) mich zu sich nach Hause in San Salvador, der Hauptstadt von El Salvador, einluden. 
Zwischen den Hauptstädten Guatemala-Stadt und San Salvador sind es gerade mal 5 Stunden Fahrt im bequemen Reisebus, inklusive der Wartezeit an der Grenze beider Länder. 
Nach meiner Ankunft holten mich Cecilia und Cecilio vom Busterminal ab und wir fuhren zunächst zu ihnen nach Hause, da Cecilio und ich uns das Champions League Halbfinal-Spiel Juventus Turin - Real Madrid ansehen wollten. Auch am darauf folgenden Tag war Fußball Thema des Tages, nämlich das andere Halbfinale FC Barcelona - FC Bayern München. Das Ergebnis von 3:0 zugunsten der Spanier freute natürlich Cecilio, mich dafür um so weniger. Dann hatte ich aber auch erstmal genug von Fußball. Ich schaute mir zusammen mit Cecilia noch ein wenig das Zentrum der Hauptstadt an. Hier geht es laut und chaotisch zu, andererseits ist es eines der wenigen Bereiche der Stadt, die noch den ursprünglichen Flair haben. 


In den meisten anderen Stadtvierteln überwiegt mittlerweile der Kommerz von amerikanischen Handels- und Fast-Food-Ketten. Es wird für mich immer ein Rätsel bleiben, dass in so vielen Großstädten Lateinamerikas die Konsummöglichkeiten immer größer werden, während der Großteil der Bevölkerung hungert und nie lesen und schreiben lernen wird. In El Salvador kommt hinzu, dass seit nunmehr 11 Jahren der US-Dollar als Landeswährung gilt. Das ergibt überhaupt keinen Sinn und wenn man es genau nimmt ist es sogar komplett widersprüchlich. Die Mara Salvatrucha und die Mara-18, zwei der bekanntesten Jugendgangs Zentralamerikas mit salvadorianischer Mitgliedermehrzahl entstanden in Kalifornien in den 80er Jahren, in der Zeit als in El Salvador Bürgerkrieg herrschte und tausende Salvadorianer in die USA flüchteten. Nach Beendigung des Bürgerkriegs, der von der US-Regierung sogar durch Waffenlieferungen unterstützt wurde, wurden eine Vielzahl der straffällig gewordenen Salvadorianer wieder in ihr Heimatland abgeschoben. Die Gewaltbereitschaft der Mara-Gangs wurde in deren Heimat dadurch nur größer und mittlerweile führen die USA beide Gangs, die sich vor allen untereinander bekriegen, in der schwarzen Liste international krimineller Organisationen. Ich persönlich finde es schade, dass El Salvador durch Negativschlagzeilen in Verruf geraten ist und daher vielende Reisende dem Land fernbleiben. In der Tat ist es ein wunderschönes Land, was einiges zu bieten hat, auch wenn es nicht ganz einfach ist, es als einzelner Backpacker zu bereisen. Bis auf das Transportangebot in die Nachbarländer, gibt es keine Reisebusse, sondern nur die berüchtigten Chickenbuses. 
Nach meinem zweitägigen Aufenthalt in der Hauptstadt, stieg ich in einen dieser Hühnerbusse nach Playa El Tunco an der Pazifikküste. Der dortige Strand ist bezaubernd und bietet beste Bedingungen für Surfer. Leider wurde es auch diesmal nichts mit einem Surf-Anfängerkurs. Knapp eine Woche zuvor hatte hier nämlich ein Mini-Tzunami stattgefunden, weshalb die Küste zum Zeitpunkt meines Aufenthalts noch größtenteils aus kopfgroßen Steinen bestand und somit die Bedingungen für Surfanfänger ungeeignet waren. 


Meine letzte Station in El Salvador war die Ruta de las Flores (Blumenroute) im Nordwesten des Landes. Hierbei handelt es sich um eine 36 km lange Gebirgsstraße. Die bunte Vegetation mit zahlreichen Wasserfällen und Vulkanen im Hintergund wirkte auf mich nicht nur einladend, sondern vor allem überaus friedlich. Von dem Gedanken, es handele sich hierbei um eines der gefährlichsten Länder der Welt, war ich hier weit entfernt. Ich ließ mich in Juayúa nieder, einem der kleinen kolonialen Dörfer entlang der Blumenroute. In meinem Hostel hatte ich das Glück mich mit César, dem jungen Besitzer des Hostels, anzufreunden. Am Muttertagnachmittag, als er und zwei Freunde von ihm sich entschlossen hatten ins 15 km entfernte Ataco zu fahren um sich ein Jazzkonzert anzuhören, lud er mich ein mitzukommen. Selbstverständlich sagte ich zu. Allein schon die Mitfahrt auf der Ladefläche des Pickups von César war es wert. In Ataco erfreute ich mich neben dem Jazzkonzert an dem Anblick der mit Kunst bemalten Häuser. 


An meinem letzten vollen Tag in El Salvador machte ich noch eine Tour durch den umliegenden Urwald, vorbei an mehreren kleinen Wasserfällen. Dies war wahrlich kein Spaziergang und ohne den Guide wäre dies undenkbar gewesen. An einem der Wasserfälle musste ich mich sogar abseilen, wohlgemerkt ohne Sicherung. 



Am Tag drauf fuhr ich über mehrere Umwege zurück nach Guatemala, was geografisch gesehen eigentlich unsinnig war, denn meine Reise sollte ja stets Richtung Süden gehen. Doch es gab in Guatemala-Stadt noch etwas sehr wichtiges für mich zu erledigen, was vorher zeitlich nicht möglich gewesen war. Vor meiner Abreise aus Deutschland hatte ich bei meinen Abschieden Geld gesammelt. Dies wollte ich PROCEDI spenden. Saskia und die Direktorin des Projekts schlugen mir vor, damit einen Ausflug mit den Kindern zu finanzieren. Also ging es zwei Tage nach meiner Rückkehr aus El Salvador mit den Kindern zu einer dem Projekt nahegelegenen Fußballanlage mit Kleinfeldern aus Kunstrasen. Diese wurden für drei Stunden gemietet um ein Turnier zu veranstalten. Die Kinder hatten einen riesen Spaß. Mit dem Geld wurden außerdem Getränke, Essen und Eis eingekauft. Es war auf meiner Reise der bis dahin für mich emotionalste Moment, die Kinder so fröhlich und so viel Spaß habend zu sehen. 


An dieser Stelle möchte ich meinen Freunden und Ex-Kollegen aus München für die Spenden tausend mal danken. Mit eurer Unterstützung habt ihr Kindern einen wundervollen und unvergesslichen Tag bereitet.