Montag, 20. April 2015

Antigua - ein Wiedersehen mit einem alten Freund

Die Nachtfahrt von Flores nach Ciudad de Guatemala (Guatemala-Stadt) in einem 2.Klasse-Bus hatte ich unbeschadet überstanden. Mein Ziel war allerdings (noch) nicht die Hauptstadt des Landes, sondern das eine Stunde weiter entfernte Antigua. Der freundliche Verkäufer im Reisebüro in Flores hatte mir das Ticket bis nach Antigua verkauft und mir gesagt, dass jemand am Busterminal in Guatemala-Stadt mit einem Namensschild auf mich warten würde um mich mit einem Minivan weiter nach Antigua zu bringen. Dies war leider nicht der Fall. Und leider fuhren von dem besagten Busterminal zwar Busse in alle Richtungen, nur nicht nach Antigua. Einer der anwesenden Busfahrer bot mir an, mich auf seiner Fahrt mitzunehmen und mich an der Zwischenstation, also einem anderen kleineren Busterminal im Stadtzentrum rauszulassen. "Dort fahren zwar eigentlich auch keine Busse nach Antigua ab, aber vielleicht steht ja dort der Minivanfahrer, der dich mitnehmen soll. Falls nicht, kannst du in der Nähe dieses Busterminals in einen der sogenannten Chickenbuses einsteigen, die nach Antigua fahren." Genau dies sollte sich auch bewahrheiten. Ich erreichte Antigua um ca. neun Uhr morgens. Meine Bleibe hier war das Gästezimmer im Haus von Jean-Marc, meinem besten Freund aus meinen ganz jungen Jahren als ich noch in meinem Geburtsland Peru lebte. 
Von einem Café aus informierte ich über Whatsapp Jean-Marc, dass ich angekommen war und kurz darauf holte er mich mit dem Auto ab. Jean-Marc, der mit Spitznamen Giallo genannt wird, ist in Guatemala geboren, lebte aber lange Zeit mit seiner Familie im Ausland, zeitweise auch mal in Deutschland. Vor ein paar Jahren zog es ihn wieder zurück in sein Geburtsland. Das letzte Mal sahen wir uns vor zwei Jahren in München, als er ein paar Tage geschäftlich in der Stadt war. Zur Zeit ist er sehr beschäftigt mit einem Unternehmen, was er sich mit seinem Vater zusammen neu aufbaut. Nach dem Beispiel von Jochen Schweitzer, der im Übrigen ein guter Freund von beiden ist, soll in möglichst naher Zukunft ein großer Dienstleister für Vermarktungen für Erlebnisse jeder Art entstehen - und das in ganz Lateinamerika für Lateinamerikaner. "Wir sind noch in der Anfangsphase, aber wenn wir die nächsten Monate hart arbeiten, dann kann hier wirklich was ganz großes entstehen. Leider ist es nicht ganz so leicht, gutes und professionelles Personal zu finden.", erzählte er mir. Ich nickte nur verständnisvoll und ahnte nicht was noch kommen würde. "Du arbeitest doch seit Jahren in der Touristik und wie du erzählt hast die meiste Zeit als Produkteinkäufer. Könntest du nicht, während du hier bist, einen Vortrag an mich und meine Mitarbeiter aus der Sales-Abteilung halten? Deine Erfahrung und Ratschläge wären für uns echt Gold wert." Auf diese Frage musste ich erstmal schlucken." Ich weiß, du bist eigentlich auf einer langen Reise und arbeiten ist eher nicht dein Ziel, aber du würdest uns einen riesen Gefallen damit tun und ich ich weiß wir können eine Menge von dir lernen." Ich sagte nach kurzer Überlegung zu und bereitete während meines Aufenthalts in Antigua eine Präsentation vor. 


Ansonsten genoss ich Antigua (kompletter Name "La Antigua Guatemala") in vollem Maße. Die koloniale Kleinstadt mit nur knapp 35.000 Einwohnern hat seinen ganz eigenen Flair. Von 1543 bis 1773 war Antigua Hauptadt des spanischen Kolonialgebietes Zentralamerikas. Heute ist sie die Touristenattraktion Guatemalas schlechthin. Vor allen an Wochenenden zieht es zahlreiche Guatemalteken aus anderen Teilen des Landes hierher. Entsprechend ist die Gastronomie hier auf fast jeden Geschmack vorbereitet. Guatemaltekisch, Mexikanisch, Argentinisch, Peruanisch, Französich, Deutsch, Thailändisch ... hier gibt es fast alles. Eines der vielen Restaurants gehört Angie, die Freundin von Giallo. Angie kommt ursprüglich aus Argentinien, hat sich aber vor Jahren in Antigua verliebt und sich somit hier fest gebissen. Ihr Restaurant mit dem Namen "Angie Angie" ist sehr gemütlich und künstlerisch eingerichtet und hat einen schönen Innenhof mit einer Lagerfeuerstelle. Falls einer mal hier her reisen sollte, empfehle ich hier unbedingt mal Abends essen zu gehen. 
Bemerkenswert ist die sichtbare Umgebung von Antigua. Drei Vulkane, wovon einer sogar noch aktiv ist, lassen sich von der Innenstadt aus genüsslich beobachten. Ansonsten empfand ich die Atmosphäre und die Freundlichkeit der Menschen hier besonders einzigartig. Es kam nicht selten vor, dass jemand wildfremdes auf der Straße mich einfach mal mit Handschlag begrüsste und dies völlig bedingunglos tat. Überhaupt hatte ich kaum das Gefühl in einer Touristenstadt zu sein, obwohl es allein durch die vielen Sprachschulen hier eine Menge internationales Publikum gibt. 


An meinem vierten Tag in Antigua machte ich mein Versprechen war und hielt eine Präsentation vor Giallo, seinem Vater und deren Mitarbeitern. Allen hatte es sehr gut gefallen und Giallo bedankte sich anschließend mit einem weiteren Abendessen in Angie's Restaurant. Doch der Abend ging noch lang. Es ging nach dem Abendessen noch nebenan ins "Café No Sé", welches beliebt bei Einheimischen und Besuchern zugleich ist. Hier muss man Seh- und Stehvermögen beweisen. Die einzigen Beleuchtungen sind nämlich Kerzen. Extrem gut gelaunt ging es spät nach Mitternacht irgendwann nach Hause. Ein paar Stunden Schlaf wollten wir uns noch gönnen bevor es am Morgen Richtung Strand gehen sollte. Irgendwie ist es doch immer so während des Reisens. Wenn man am nächsten Tag ausschlafen kann, geht man früh ins Bett. Jedoch, wenn man für den nächsten Tag einen Ausflug oder eine Weiterfahrt mit frühem Start geplant hat, dann hat man zufälligerweise am Vorabend irgend einen Grund gefunden zu feiern. 
Noch etwas verschlafen, stiegen Angie, Giallo und ich ins Auto ein und holten noch Bob ab. Bob kommt aus den USA und besucht gerade seine Schwester, die ebenfalls vor Jahren Antigua zu ihrem Lieblingsort erklärt hat und geblieben ist. Unser Ziel war Sipacate an der Pazifikküste, dem Surferparadies Guatemalas. Giallo kommt mindestens die Hälfte aller Wochenenden im Jahr hierher um seiner Leidenschaft, dem Surfen, nachzugehen. Fast immer bleibt er im "Surfcamp El Paredon", einem kleinen rustikalen Paradies direkt am Strand. Die Bedingungen zum Surfen waren jedoch etwas unoptimal dieses Wochenende, so dass Giallo weder surfte, es noch für mich sinnvoll gewesen wäre eine Surfstunde zu nehmen. Also taten wir das, was man im Surfcamp am besten tun kann, sich bedingungslos entspannen. Noch nicht mal WLan gab es hier, einfach nur herrlich!