Mittwoch, 8. April 2015

San Cristóbal de las Casas - ein magischer Ort

Mit der Nachtfahrt aus Pochútla verließ ich somit auch den Bundesstaat Oaxaca und es begrüßte mich Chiapas, der südlichste Bundesstaat Mexikos. Eines der beliebtesten Ziele hier ist die bezaubernde Kleinstadt San Cristóbal de las Casas (oder einfach San Cristóbal genannt). Diese Stadt erhielt vom mexikanischen Tourismusamt 2003 die Auszeichnung "Pueblo Mágico" (magischer Ort). Und keine Frage, diese Auszeichnung hat San Cristóbal voll und ganz verdient. Es ist eines dieser Orte, wo man sich vom ersten Moment an eingeladen fühlt zu bleiben. Wie auch in Oaxaca dominieren hier die Farben der Kolonialhäuser im Stadtzentrum. Die Pflastersteingassen tun ihr Übriges um sich sofort in die Zeit vor etwa 500 Jahren zurück versetzt zu fühlen. 
Ich erreichte den Busbahnhof um Punkt 10:00 Uhr und marschierte mit meinem Rucksack gleich los. Laut der Karte im Lonely Planet konnte es bis zu meinem Hostel, was ich mir vorab rausgesucht hatte, nicht allzu weit sein. War es auch nicht. Man muss lediglich beachten, dass die Bügersteige hier recht schmal sind und somit das Überholen von langsamer laufenden Menschen sowie das Ausweichen von solchen, die einem entgegen kommen, manchmal einem Seiltanz gleicht. Im Hostel angekommen, begrüßte mich beim Einchecken Andrés, ein sympathischer Argentinier. Während er mir mein Zimmer zeigte, fragt ich ihn wie lange er denn schon in Mexiko sei. Mir fiel nämlich sofort auf, dass sein Akzent gar nicht mal typisch argentinisch klang. "Ich reise schon einen Monat durch Mexiko. Erst gestern hat mir meine Mutter am Telefon mal wieder gesagt, dass ich so komisch klingen würde. Kommt eben daher, dass ich hier fast nur mit Mexikanern oder Touristen zusammen komme, die eher Hochspanisch sprechen.", erzählte er mir. Ähnlich wie ich befindet sich Andrés auf einer Reise durch Lateinamerika. Um seine Reisekasse etwas aufzupäppeln, bietet er hin und wieder seine Arbeit in Hostels an um als Gegenleistung kostenlose Unterkunft zu bekommen. Nebenbei bastelt er jeden Tag kleine Geldbörsen aus gebrauchten Tetrapacks und verkauft diese günstig an Hostelgäste. 
Als ich mich nach dem Duschen in das WLAN einloggte, sah ich sofort eine Whatapp-Nachricht von Germán, die er allerdings um 4:30 Uhr, also mitten in der Nacht geschickt hatte. Er meinte, dass er mit Beks, einer Engländerin und Raphael, einem Schweizer, noch lange feiern gewesen war und sie ungefähr dann aufstehen wollten, wenn ich angekommen sei. Ich bestätigte ihm sofort meine Ankunft und wir verabredeten uns für wenig später vor deren Hostel. 
Auf dem Weg zu einem Lokal, wo wir zu Mittag essen wollten, entdeckte ich sofort, warum die vergangene Nacht für die drei so ausgiebig lang ausfiel. Unübersehbar wird in San Cristóbal gerne gefeiert und da außerdem Osterwochenende war, gingen die Feiern bis in die Morgenstunden. 


Die kommende Nacht sollte ähnlich lange gehen. Und das obwohl Beks, Raphael und Germán für den nächsten Morgen um 5:00 Uhr eine Tour nach Palenque gebucht hatten. Hinzu kam, dass übernacht auf Sommerzeit umgestellt wurde. Beks hatte sich daher nach dem Abendessen früh schlafen gelegt, während die beiden Jungs sich entschlossen, gar nicht erst schlafen zu gehen. Um 4:30 Uhr (lt. neuer Sommerzeit) verabschiedete ich mich wieder einmal von Germán. Er hatte, genauso wie Beks und Raphael die Tour ohne Rückfahrt gebucht, da es für sie anschließend weiter gehen sollte. "Mach's gut Amigo! Pass auf dich auf und schick zwischendurch mal Bilder von deiner noch so langen coolen Reise". Mit diesen Worten drückten wir uns ein letztes Mal. 

Die darauf folgenden Tage in San Cristóbal entspannte ich mich so sehr, dass ich gar nicht merkte, dass meine Armbanduhr stehen geblieben war. Ich fand's super. Schließlich war diese Reise auch dazu gedacht, Abstand vom verplanten und zeitlich limitierten Alltag zu nehmen. 
Von Cristóbal aus kann man so viel besichtigen. Und was mir am meisten gefiel, man ist nicht auf organisierte Touren angewiesen. Gleich neben dem Busbahnhof ist eine Sammelstelle für Colectivos, die in alle mögliche Richtungen einen hinbringen können. Von hier aus fuhr ich am dritten Tag während meines Aufenthalts in San Cristóbal zu den Tropfsteinhöhlen von Rancho Nuevo, nur 10 Fahrminuten von der Stadt entfernt. 
Deutlich länger war die Fahrt am nächsten Tag. Das Ziel war der Nationalpark Cascadas El Chiflón, dem größten Wasserfall von Chiapas mit einer Gesamthöhe von 240 Metern. Die erste Fahrt dauerte gute zwei Stunden und dann musste ich umsteigen in einen weiteren Colectivo, der noch ca. eine weitere Stunde fahren sollte. Aber sowohl diese lange Fahrt als auch die anschließende Wanderung die Steintreppen hinauf seitlich zum Wasserfall waren alle Bemühungen wert. Die Sicht auf die strahlend fallenden Wassermassen und die türkisgefärbten Becken waren unglaublich. Ich wusste, dass ich während meiner Reise noch viele Wasserfälle zu sehen bekommen sollte und auch noch größere. Dennoch fühlte ich mich beim Anblick dieses Naturwunders überglücklich. Meine innere Stimme sagte mir einmal mehr, dass die Entscheidung diese lange Reise zu machen, so wichtig und richtig gewesen war. Ich verweilte noch lange auf der obersten Aussichtsterasse bis ich schließlich den Rückweg antrat.