Montag, 27. April 2015

Lago Atitlán - ein See zum Träumen

Angie und Giallo blieben nur eine Nacht im Surfcamp. Es war Sonntag und am Tag drauf rief wieder die Arbeit. Ich dagegen blieb noch eine weitere Nacht um am nächsten Tag eine Abenteuerfahrt zum zweitgrößsten See Guatemalas zu unternehmen, dem Lago Atitlán. Rafa, der Betreiber des Surfcamps hatte mir eine Wegbeschreibung aufgeschrieben und gemalt, die kein Autor von Lonely Planet hätte besser machen können. "Es ist ganz einfach. Du läufst vom Surfcamp die Straße runter Richtung Fluss. Dort steigst du in eine Lancha (Motorboot) und lässt dich rüber ans andere Ufer fahren. Da kannst du ein Tuc Tuc nehmen und dich bis zur Tankstelle fahren lassen von wo aus die Busse losfahren. Steig in ein Bus Richtung Guatemala-City ein und steig in Siquinalá aus. Hier herrscht ein ziemliches Durcheinander auf den Straßen. Dort fragst du am besten wo die Busse Richtung Lago Atitlán losfahren. Diese Busse fahren nur bis San Lucas Tolimán oder Santiago Atitlán. Um in die schöneren Küstenorte des Sees zu gelangen, musst du dort wieder in eine Lancha steigen." Das klang alles so einfach, dass ich vergessen hatte, ihn zu fragen wie lange ungefähr die komplette Tour dauern würde. In der Tat dauerte sie sehr lange. Siquinalá erreichte ich nach etwa zweieinhalb Stunden. Es war bereits Nachmittag und die Sonne knallte nur so auf mich drauf. Schweißgebadet und mein schweren Rucksack tragend erkundigte ich mich nach den Bussen Richtung Lago Atitlán. "Einfach da vorne an der Ecke warten, da wo so viele Leute rumstehen. Da kommen nach und nach mehrere Busse vorbei. Irgendwann auch einer der zum See fährt.", teilten mir ein paar freundliche Herren mitten auf der Straße mit. Ich lief zu dieser besagten Straßenecke. Dort winkte mich ein Schuhputzer zu sich. "Wo möchtest du hin?", fragte er mich. "Zum Lago Atitlán.", beantwortete ich seine Frage. "Der Bus dürfte gleich kommen. Setz dich doch erstmal!", bot er mir freundlich seinen Hocker an, den er normalerweise für seine Arbeit nutzte. "Du siehst etwas erschöpft aus. Es ist heute aber auch verdammt heiss. Komm, ess erstmal eine Mango!" Lächelnd reichte er mir eine Mango woraufhin ich ihn nach dem Preis fragte. Er winkte nur ab und meinte: "Ach quatsch. Das passt schon." Es ist unglaublich wie freundlich und herzlich die Menschen in diesem Land sind. Diesem Schuhputzer war es anzusehen, dass ihm das Leben nicht viel geschenkt hatte. Dennoch ließ er es sich nicht nehmen, einem Reisenden wie mir behilflich zu sein und etwas Gutes zu tun, wohlgemerkt völlig bedingungslos ohne dafür irgendeine Gegenleistung bekommen zu wollen. 
Knapp zwei Stunden später erreichte ich San Lucas Tolimán, im Südwesten des Lago Atitlán gelegend. Giallo hatte mir empfohlen mich in San Marcos La Laguna nieder zu lassen, da dies ein sehr schöner, eher kleinerer und ruhiger Ort sei, nicht so überfüllt von den großen Touristenströmen. Leider musste meine Ankunft dort noch etwas auf sich warten. In San Lucas Tolimán lief ich nachdem ich aus dem Bus ausstieg die Straße zum Ufer hinunter. Dort stellte ich fest, dass ab halb zwei am Nachmittag keine Lancha mehr fuhr. Also ging ich zurück in den Ortskern und fand einen Pickup-Shuttle (einer bei der man als Passagier auf der Ladefläche steht), der mich bis nach Santiago Atitlán fahren sollte. Von dort aus konnte ich eine Lancha nach San Pedro La Laguna und dann wiederum eine weitere nach San Marcos La Laguna nehmen. 
Knapp sieben Stunden nachdem ich mich am Surfcamp verabschiedet hatte, kam ich bei Anbruch der Dämmerung, etwas kaputt aber voll mit Glücksgefühlen im Bauch über die erlebte Tour, in meinem Hostel in San Marcos an. 

Giallo hatte nicht zuviel versprochen. San Marcos war wirklich ein sehr schöner Ort. Gleich hinter der Anlegestelle verlaufen schmale, rein für Fussgänger geeignete Gassen, hinauf zum Ort. Auch im Ortskern selber sind Fahrzeuge eher selten zu sehen und das Leben scheint hier seinen stillen gewohnten Gang wie vor vielen Jahren zu gehen. Viele Besucher von San Marcos schwören darauf, dass der Ort eine heilige Wirkung und Energie hat, weshalb auch viele Unterkünfte Massagen und andere Spa-Anwendungen anbieten. Am Ufer geniesst man einen herrlichen Blick auf den Lago Atitlán und im Hintergrund zwei der drei Volkane, die um den See herum stolz zum Himmel hinauf ragen. Das Wasser vom See fühlte sich so wunderbar frisch an, so dass man am liebsten stundenlang drin schwimmen und baden wollte. An meinem zweiten Tag in San Marcos wagte ich einen Sprung aus ca. acht Meter Höhe von einer Aussichtplatform. Fast unbeschreiblich! Das Eintauchen im Wasser war wie ein Durchstoß in eine grenzenlose Freiheit.


Nach zwei Nächten in San Marcos wechselte ich im wahrsten Sinne des Ortes das Ufer, nach Panajachel. Pana, wie es von Guatemalteken genannt wird, ist der größte Ort am Lago Atitlán und gleichzeitig der touristisch wichtigste. Ich hatte viel über diesen Ort vorher gehört, vor allem er sei laut, chaotisch, zugebaut und viel zu voll mit Touris. Mir gefiel Pana trotzdem. Es bildete den idealen Gegensatz zum esoterischen angehauchten San Marcos. Auf den Straßen war buntes Treiben zu sehen und zu hören. Auf der bekannten Calle Santander werden neben Bars und Reisebüros die größte Auswahl an Artesanías (Handswerkswaren) im ganzen Land angeboten. Das Ufer, bei weitem nicht so schön und ruhig wie in San Marcos, ist fast in kompletten Händen der Gastronomie. Durch die Lage im Osten des Sees, geniesst man hier einen super schönen Blick auf den Sonnenuntergang. 


Nach vier Tagen voller schöner Träume am Lago Atitlán, trat ich die Rückfahrt nach Antigua an. Giallo hatte Geburtstag und Angie hatte eine Überraschungsparty in ihrem Restaurant geplant und bat mich unbedingt auch dabei zu sein. Dies wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Es wurden tatsächlich noch ein paar Tage mehr in Antigua. Grund war, dass es wieder Wochenende war und es wieder Zeit zum feiern war.