Dienstag, 15. Dezember 2015

Ein paar Irrwege durch mein Geburtsland Peru

Was macht man in Peru, wenn man die touristischen Höhepunkte bereits vier Jahre zuvor gesehen hat? Als ich auch von anderen Reisenden, die diese Höhepunkte grade hinter sich hatten, auch noch erfuhr, dass Arequipa, Cusco und Machu Pichu gerade besonders viele Touristen anzieht, war für mich die Entscheidung getroffen. Ich wollte diese Orte nicht nochmal besuchen, zumindest nicht auf dieser Reise. Lieber wollte ich mich auf einen Entdeckungspfad begeben und Orte besuchen, die ich noch nicht kannte. 
Eine Ausnahme machte ich dennoch für meine Geburtsstadt Lima, der Hauptstadt von Peru. Ich weiß nicht von vielen Leuten, die ihre eigene Geburtsstadt so wenig kennen wie ich meine oder sie gar äußerst selten besucht haben. Vor vier Jahren hatte ich hier zwei Tage am Anfang und zwei Tage am Ende einer 3-wöchigen Reise verbracht. Damals empfand ich ein winziges Heimatgefühl obwohl ich nie bleibende Erinnerungen an meine ersten drei in Lima statt gefundenen Lebensjahre hatte. Meine Eltern schwärmen heute noch von einer besonders schönen Zeit, die wir als Familie in Lima hatten. Sie würden heute diese Stadt nicht mehr wieder erkennen. Auch in diesen vier Jahren nach meinem letzten Besuch hatte sich so einiges geändert. Ich merkte recht schnell nach meiner Ankunft, dass die Limeños (so werden die Einheimischen aus Lima gennant) etwas von ihrem herzlichen Charakter verloren hatten. Ein Lächeln dieser Menschen bekam ich nur recht selten zu sehen und teilweise hörte man bei Gesprächen den einen oder anderen Frust raus. Wenn es überhaupt zu Gesprächen kam. Viele Menschen denen man als Reisender begegnet, wie z.B. Verkäufern im Einzelhandel oder Kellner in der Gastronomie, schauen dich meist nicht mal an und hinterlassen den Eindruck, dass ihnen ihre Arbeit völlig gleichgültig ist. Vielleicht beruht dies alles auf die Tatsache, dass in den letzten Jahren hier kaum positive Entwicklung statt gefunden hat. Der Verkehr in den Straßen war laut Informationen, die ich von Taxifahrern erhielt, schlimmer als je zuvor und das ohne dass sich die Transportmittel deutlich modernisiert hätten. Somit lag auch eine ordentliche Ladung Smog in der Luft. Viele Gebäude außerhalb des Stadtzentrums wirkten wie halbfertige Baustellen während im Stadtzentrum selber eine der wenigen Verschönerungen des Stadtbilds stattgefunden hatte. Viele erzählten mir auch, dass die Kriminalität um einiges zugenommen hatte, wobei ich glücklicherweise kein Opfer davon wurde. Eines ist aber dennoch geblieben. Kulinarisch kann man hier nach wie vor für wenig Geld viel bekommen. Ein komplettes frisch zubereitetes Essen (inklusive Vorspeise, Hauptspeise und Getränk) mit Köstlichkeiten des Landes bekommt man hier schon ab 7 Soles (umgerechnet 2 Euro). Schon oft ist die peruanische Küche zu den besten der Welt gekrönt worden und überall im Land findet man äußerst günstige Gelegenheiten sehr billig und gut zu essen. Mein Favorit wird auch nach diesem Aufenthalt  in Peru das bekannte Ceviche bleiben, kleingeschnittener roher Fisch mit Limettensaft mariniert und scharf gewürzt. 
Im Anschluss wollte ich eigentlich ins nördlich gelegene Hochland, genauer gesagt zur Cordillera Blanca reisen, denn diese wurde in vielen Seiten im Internet als einer der schönsten Gebirgslandschaften Südamerikas bezeichnet. Doch die Wettervorhersagen für das Hochland machten mir einen Strich quer durch meine Reisewünsche. Dezember ist für die Cordillera Blanca eine glatte Regenzeit mit vielen vielen Niederschlägen und das leider täglich. Doch selbst ohne Regen ist der Himmel so bewölkt, dass man die schönen Berge während einer Wanderung gar nicht zu sehen bekommt. 
Also entschied ich mich direkt in die noch weiter nördlich gelegene Stadt Chachapoyas zu reisen. Diese liegt zwar noch in den Bergen, aber durch die Nähe zum Amazonasgebiet ist das Kilma zu dieser Jahreszeit nicht ganz so naß. Wie so viele Städte in Peru hat Chachapoyas einen sehr schön konservierten Stadtkern mit einer immer renoviert aussehenden Plaza de Armas (Waffenplatz), wie in Peru alle fast alle Hauptplätze in einer Stadt bezeichnet werden. Das Highlight von Chachapoyas ist allerdings ein Besuch der Ruine Kuelap, eine Ruine aus der Prä-Inka-Zeit, etwa 2,5 Stunden von Chachapoyas entfernt. Der Besuch dieser Attraktion lohnte sich total, auch weil diese einstige Stätte bei weitem nicht so viele Besucher hat wie Machu Pichu. Unterschiedlich ist auch hier der Ursprung. Während das bekannte Machu Pichu von den Inkas selbst einst bewohnt wurde, handelte es sich bei Kuelap um eine Stadt die vom Volk der Chachapoyas bevölkert wurde, die wiederum von den Inkas ausgerottet wurden. Durch diese Komplett-Eroberung weiß man auch nicht allzu viel über die einzigsten Bewohner. Selbst der Name Chachapoyas (in Quechua "Wolkenkrieger") wurde ihnen von den Inkas gegeben. Genauso wie bei Machu Pichu ist es auch hier ein Rätsel wie einst Menschen diese vielen schweren Steine so hoch in die Berge transportieren konnten. 


Neben Kuelap gab es um Chachapoyas noch weitere Ausflugsmöglichkeiten. Das Wetter wurde aber leider schlechter. Einen halbsonnigen Tag hatte ich aber noch. An diesem besuchte ich einen nahegelegenen Aussichtspunkt einer Gebirgsschlucht. Hier hatte man eine Aussicht, bei der man die Gewaltigkeit der Anden wieder einmal zu Gesicht bekam. 


Von Chachapoyas ging es dann weiter nach Tarapoto. Hier schien wieder die Sonne und durch das nahe Amazonasgebiet spürte ich wieder tropische Hitze. Die Stadt selber war einer der lautesten, die ich in letzter Zeit besucht hatte. Gefühlt sind hier genauso viele Mopeds und Tuktuks auf den Straßen wie in Bangkok unterwegs. Ich hatte vor, von hier aus irgendeine Tour in den Dschungel zu machen. Leider war das Angebot enttäuschend. Was angeboten wurde waren Mega-Super-Touri-Touren bei denen irgendwelche Landschaftsobjekte wie Seen, Wasserfälle, Flüsse oder kleine Palmenwälder sowie nahe gelegene Kleinstädte innerhalb eines Tages besichtet wurden. Um richtig autentische mehrtägige Regenwaldtouren von hier aus unternehmen zu können, hätte ich unbestimmte Zeit warten müssen bis genügend Tourteilnehmer sich zusammen gefunden hätten. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen noch weiter rein ins Amazonasgebiet zu reisen. Ich entschied mich dagegen. Letztendlich war ich im Juli schon recht lange auf dem Amazonas selbst gereist und hatte die schönsten Erinnerungen dran. 
Weil es nicht mehr lange bis zu meinem Geburtstag war, wollte ich nur noch eins: Die Küste erreichen, für ein paar Tage keine Busfahrten haben und so nah am Strand wie möglich ausgiebig chilen.

Montag, 30. November 2015

Lago Titicaca - ein See, so schön und doch so hoch

Nach La Paz brauchte ich wieder mehr natürlichen Sauerstoff. Wenn ich so schnell aus diesem Hochland mit dünner Luft nicht mehr rauskommen sollte, dann wollte ich doch wenigstens wieder mehr Frischluft und weniger Abgasse einatmen. Hinzukam, dass ich möglichst bald in Peru sein wollte. So sehr mir Bolivien auch gefiel, hörte ich meine innere Stimme sagen, dass ich mich möglichst bald in mein Geburtsland begeben sollte. 
Der Titicacasee (span. Lago Titicaca) zu ca. 40% bolivianisch und zu ca. 60% peruanisch, ist neben den Iguazu-Wasserfällen eines der Ländergrenzen Südamerikas mit der größten Naturattraktivität. Für beide Andenländer ist der See eine viel besuchte Destination von Touristen. Auf bolivianischer Seite blieb ich noch zwei Nächte im Ort namens Copacabana. Copacabana? Da war doch was. Ja genau, so heißt auch der berühmte Strand in Rio de Janeiro, den ich knapp zweieinhalb Monate zuvor besuchte. In meiner Vermutung, dass die Bolivianer diesen Namen von den Brasilianern kopiert hatten, um mehr Touristen anzuziehen, lag ich komplett falsch. Der Name entstand nämlich tatsächlich am Titicacasee durch die Aymara, eines der indigenen Völker aus den Anden-Staaten Bolivien, Peru und Chile. Der prominenteste der Aymara ist ohne Zweifel der derzeitige Präsident Boliviens, Evo Morales. In der Sprache der Aymara heißt Copacabana "quta qawana", was so viel bedeutet wie "Sicht auf den See". Nachdem Brasilianer aus Rio einst hier her kamen, tauften sie das später aufblühende Stadtviertel in Rio mit dem gleichen Namen. Weshalb? So genau weiß es keiner. Vermutlich war es die halbmondförmige Bucht mit den umliegenden Hügeln.


Im Bolivianischen Copacabana gibt es nicht allzu viel zu sehen. Eine Wanderung auf einen der umliegenden Hügel mit schönem Ausblick ist noch eines der Highlights. Erlebnisreicher war für mich dann doch der Tagesausflug auf die Isla de Sol (Sonneninsel). Auf dieser gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man bleibt gleich übernacht auf der Insel oder man wandert innerhalb von zweieinhalb Stunden von der Nord- zur Südseite um dann wieder mit dem Boot zurück nach Copacabana zu fahren. Ich entschied mich für Zweiteres und merkte während der Wanderung mal wieder, dass ich mich noch immer im Anden-Hochland-Gebiet befand. Es wirkt schon etwas unglaubwürdig, aber der Titicacasee befindet sich tatsächlich auf einer Höhe von über 3800 Metern über dem Meeresspiegel. Die Luft wurde während der Wanderung also mal wieder etwas dünn, zumindest beim Aufstieg. Die höchste Erhebung der Insel, die man während der Wanderung erreicht, liegt bei knapp 4000 Metern. 


Gerade noch rechtzeitig erreichte das Boot am späten Nachmittag wieder Copacabana, damit ich noch in meinen Bus nach Puno in Peru steigen konnte. Nach weniger als einer halben Stunde Busfahrt bekam ich mal wieder einen Ausreise- und einen Einreisestempel mehr in meinem Pass. Ein Gefühl der Freude und Geborgenheit stieg in mir auf. Ich war in Peru, in meinem Geburtsland. Meine Familie und ich verließen dieses Land als ich gerade mal drei Jahre alt war. Erst vor vier Jahren kehrte ich für eine kurze Reise zurück. Aber jetzt war ich wieder hier, offenherzig und frei um das Land, in dem ich einst zur Welt kam, noch näher kennen zu lernen. 


Die Stadt Puno ist um einiges größer als Copacabana in Bolivien. Einige Gebäude im Stadtkern sind aus der Kolonialzeit erhalten geblieben. Der Rest ist eine Mischung zwischen Touristen- und Arbeiterstadt. Am Ufer des Titicacasees häufen sich die Anbieter, die Ausflüge zu den Inseln äußerst billig anbieten. Ich entschied mich für eine Zwei-Tages-Tour, die sich im Nachhinein als größtenteils unautentisch erwies aber dennoch ein schönes Erlebnis für mich war. Zunächst ging es auf eine der Urus, den schwimmenden aus Schilf erschaffenen Inseln. Unglaublich fand ich dabei mit welcher Sorgfalt die einzelnen Häuser und sogar die Boote ebenfalls aus Schilf erbaut sind. Mir aber auch klar, dass diese während meiner Tour besuchte Urus-Insel jedenfalls keine war, die tatsächlich bewohnt ist, sondern eine rein für den Tourismus präparierte Insel war. So schön diese kleine schwimmende Insel auch war, authentisch war sie nicht. 



Anschließend ging es auf die größere (normale nicht-schwimmende) Insel Amantaní, die von Nachfahren der Quechua bewohnt sind. In der Tour inklusive war eine Übernachtung mit Verpflegung bei einer der auf der Insel lebenden Quechua-Familien. Meine Gastgeber waren Gabriel und Alicia (ihre Quechua-Namen konnte ich nicht aussprechen). Alle Familien leben hier ohne fließendes Wasser und Strom bei den verschiedensten Witterungsbedingungen. Neben der Landwirtschaft ist die kurze Beherbergung von Touristen einzige Einnahmequelle für Familien wie die von Gabriel. 


Auf der Insel Taquile, die ich am zweiten Tag der Tour besuchte, wohnen ebenfalls Quechua-Familien. Diese führen für die täglich ankommenden Touristen Tänze auf und bereiten für diese auch Essen zu. 
Doch genauso wie im Tag zuvor bei dem Besuch der Urus-Insel, wurde mir aber auch hier wieder klar, wie weit die Kommerzialisierung des Tourismus am Titicacasee schon gekommen ist. Die Tänzer, die auch das Mittagessen für mich und die anderen Gruppenteilnehmer zubereiteten, waren wenig später - dann wieder weniger traditionell bekleidet - bei uns im Boot auf dem Weg zurück nach Puno. ;-)


Als ich nach Beendigung der Tour mich noch mit einer Holländerin, die mit von der Gruppe war unterhielt, meinte diese: "It was a big show, but it was nice anyway." So empfand ich es auch.

Montag, 23. November 2015

La Paz - eine etwas andere (Haupt)stadt

Noch am selben Tag, an dem meine Altiplano-Tour im doch ziemlich hässlichen Ort Uyuni ihr Ende fand, entschloss ich mich zur Weiterfahrt. Ich verabschiedete mich von allen, die an der Tour teilgenommen hatten und mit einer ganz festen Umarmung von unseren Guides, insbesondere von Jenrry mit ein paar letzten Worten. "Du und dein Bruder, zusammen mit eurer Mutter als Tourköchin, macht eure Arbeit hervorragend. Macht weiter so! Und ich hoffe ihr bekommt mal die Chance Englisch oder vielleicht sogar weitere Sprachen zu lernen. Dann hättet ihr echt das Zeug dazu, zu den besten Guides in dieser Region zu werden." Ich sagte das nicht ohne Grund. Dass die meisten Guides für die Altiplano-Touren kaum Englischkentnisse hatten, war leider eine Tatsache, die ich durch Unterhaltungen in den vergangenen Tagen feststellte, mich aber aufgrund der mangelnden Bildungsreformen in Bolivien nicht verwunderte. Hinzu kam, dass es schon oft Zwischenfälle mit Guides in der Region, meist wegen Alkohol, gegeben hatte. Jenrry und Elvis benahmen sich dagegen tadellos und tranken während der gesamten Tour keinen einzigen Tropfen. "Es war mir eine Ehre dich als Kunden zu haben, Norberto. Super vielen Dank, dass du alles übersetzt hast und somit jeder ein paar Informationen und Erinnerungen über unsere Kultur mitnehmen kann. Möge Gott dich auf deiner weiteren Reise beschützen." 
Am Busbahnhof kaufte ich ein Ticket ins 6 Stunden entfernte Sucre, wobei mir nicht gesagt wurde, dass ich zwischendrin in Potosí umsteigen müsse. Als ich dies allerdings feststellte, war ich heilfroh, denn ich musste ganz dringend für kleine Norbertos und mein Hin- und Herrücken auf meinem Sitzz wurde für andere Fahrgäste schon auffällig. Aufgrund der Mittagshitze in Uyuni trank ich nochmal ordentlich Wasser vor der Abfahrt. Busse in Bolivien haben meistens nicht den Komfort, den man aus anderen Ländern gewohnt ist und eine Toilette im Fahrzeug gibt es nur selten. Auf einer 4-Stunden-Fahrt sind Pausen auch nicht üblich. Wo auch, wenn man auf der einzig vorhandenen Landstraße durch die Anden kreuzt und nur schöne unberührte Gebirge um sich herum sieht.
Sucre ist die offizielle Hauptstadt von Bolivien und nicht wie viele glauben La Paz. Lediglich der Regierungssitz wurde irgendwann einmal nach La Paz verlegt, die meisten und wichtichtigsten ausländischen Botschaften befinden sich aber nach wie vor in Sucre, was auch gerne als die schönste Stadt Boliviens genannt wird. In der Tat war Sucre mit seinen kolonialen Bauten, meist weiß gestrichen, schön. Für mich was es allerdings nur eine Kolonialstadt mehr auf meiner langen Reise und ich gestehen muss während dieser schon weit aus schönere gesehen zu haben. Aus diesem Grund war ich in Sucre auch nicht sonderlich aktiv, sondern nutze die Bequemlichkeiten eines echt guten Hostels und ruhte mich die meiste Zeit aus. Der vermisste Schlaf auf der Altiplano-Tour hatte doch einige Spuren bei mir hinterlassen. 
Es ging also weiter nach La Paz, der größten Stadt Boliviens. Sofort stellte ich eines fest: La Paz ist mit keiner anderen Großstadt in Südamerika vergleichbar. Lediglich einige Hochhäuser, die aber beim genaueren Hinsehen dennoch recht alt aussehen, symbolisieren den (langsamen) Fortschritt Boliviens. Aufgrund der Lage der Stadt mit seinen unstrukturierten Bauten an den Hängen, erinnerte mich vieles an die von mir viel diskutierten Favelas in Rio. 


In den Straßen herrscht großes Treiben. In keiner anderen Stadt Südamerikas arbeiten so viele Leute auf der Straße wie hier. Die Straßenstände unterscheiden sich nicht großartig. Handwerks- und Webkunst in Hülle und Fülle, für ausländische Touristen ein wahrer Traum, denn auf Festen wie beispielsweise Weihnachtsmärkten in Deutschland zahlt man für einzelne Stücke gut und gerne das 10-fache. 

Im Stadtkern von La Paz findet man einige schön anzusehende alte koloniale Bauten und darüber hinaus erinnert einiges an die Helden, die einst die Kolonialregierung durch die Spanier beendeten. Am meisten genannt ein gewisser Simón Bolivar, - auch bekannt als "El Libertador" - nach dem das Land nach seiner erfolgreichen Befreiung benannt wurde. Hierbei sei auch gesagt, dass dieser Mann nicht nur in Bolivien, sondern in vielen spanisch sprachigen Ländern Südamerikas ein ewiger Held ist und für ewig bleiben wird.


Seit knapp drei Jahren ist La Paz durch ein Transportmittel reicher, was wenig später zur Touristenattraktion geworden ist. Österreicher bauten damals drei Seilbahnstrecken, die den Menschen helfen, die weit oben in den Hängen oder ganz oben am Berg wohnen, in die Stadt im Tal und wieder nach Hause zu kommen.


Mittwoch, 18. November 2015

El Altiplano Boliviano - einzigartige Landschaften, die man so schnell nicht vergisst

Eine zweistündige Busfahrt hieß es für mich noch zu bewältigen um die Grenze zwischen Argentinien und Bolivien zu erreichen. Ein bisschen schlechtes Gewissen hatte ich ja schon, dass ich Argentiniens Highlights, nämlich seine Regionen im Süden, nicht besucht hatte, aber preislich gesehen konnte ich es mir einfach nicht erlauben. Umso mehr freute ich mich auf Bolivien. Über dieses Land wusste ich schon so einiges, unter anderem dass es zum reisen das billigste aller Länder Lateinamerikas ist. Ebenfalls wusste ich dass dort Landschaften auf mich warten würden, die ich wahrscheinlich sonst nirgends wo anders zu Gesicht bekommen würde. In der kleinen und recht staubigen Stadt Tubiza (einundhalb Stunden hinter der Grenze) blieb ich nur einundhalb Tage, bevor es mit dem Bestaunen von Naturwundern losgehen sollte. Ich buchte ein 4-Tages-Tour für den südwestlichen Rundkurs auf dem Altiplano. Ich wusste nur teilweise, was mich erwartete. Und eigentlich wollte ich überhaupt keine Erwartungen haben, vor allem was die klimatischen Bedigungen anging. Der Altiplano ist auch bekannt dafür, dass Reisende sich teilweise oder sogar während einer gesamten Tour unwohl fühlen. 
Als die Tour in einem Geländewagen in Tupiza startete, befand ich mich nur noch knapp unter 3000 Meter Höhe. Dies sollte sich recht schnell ändern. 
Mit an Bord war ein junges französiches Paar, ein recht ruhiger aber sehr kulturinteressierter Mittevierziger aus Oregon (USA) und unser Fahrer und Guide Jenrry (ja, er schreibt sich so). In dem Geländewagen was stets vor uns fuhr, war Elvis (der Bruder von Jenrry) der Fahrer-Guide und hatte als Fahrgäste eine vierköpfige holländische Familie. Die beiden Geschwister Hannah und Leonardo waren bereits erwachsen. Leonardo, der schon seit ein paar Monaten in Buenos Aires lebte, hatte dieselbe unfreiwillige Aufgabe wie ich bei meiner Gruppe erhalten, nämlich alle Erläuterungen und Erzählungen unsere Guides ins englische für den Rest der Gruppe zu übersetzen. Die Agentur hatte nämlich keinem von uns Kunden vorher darüber informiert, dass die Guides nur Spanisch (und nebenbei auch Quechua) sprachen, aber eben kaum Englisch. Im Nachhinein muss ich ehrlich zugeben, dass mir diese Aufgabe echt Spaß machte, auch wenn ich so manche spezifischen Worte im Englischen nicht kannte und oft umschreiben musste. 
Der erste Tag der Tour führte uns bereits auf über 4000 Meter Höhe, wobei das erste Mittagessen der Tour noch bei ca. 3900 Metern eingenommen wurde. Spätestens jetzt realisierte ich, dass ich in den Anden angekommen war. Aus dem Fenster des Jeeps blickend, bestaunte ich die nicht endende und dichte Gebirgskette mit seinen wundervollen Farben. Immer wieder waren auf der Strecke Lamas zu sehen, was Jennry dazu veranlasste mir gleich eine Menge über diese Tiere zu erzählen. "Mehr als die Hälfte, der hier in der Gegend wohnenden Menschen, lebt von der Zucht von Lamas. In der Regel können diese Tiere bis zu 13 Jahre alt werden, aber in der Regel werden sie im Alter zwischen 3 und 4 Jahren geschlachtet um das Fleisch verkaufen zu können. Während ihrer Lebensjahre werden sie in regelmäßigen Abständen teilgehäutet, denn der Verkauf der Wolle bringt ebenfalls Geld ein. Was die Schlachtung angeht, haben Studien mittlerweile erwiesen, dass das Lamafleisch sogar gesünder als Scheine- oder Rindfleisch ist. Vorher war der Verkauf an die höherklassige Bevölkerung eher schwierig, weil diese glaubten, es sei ungesund."
Jenrry erzählte mir auch viel über die bolivianische Kulter allgemein. Ich staunte nicht schlecht, als ich von ihm hörte, dass 95% der erwachsenen bolivianischen Bevölkerung regelmäßig (was täglich bedeuten sollte) Cocablätter kaut. Auch wir konsumierten das eine oder andere Blat während der Tour. "Viele Touristen machen das, denn die Cocapflanze hat eine enorme Heilkraft, vor allem gegen die Höhenkrankheit und viele Reisende sind diese Höhen wie hier einfach nicht gewohnt und stellen sehr schnell fest, dass die zur Verfügung stehende Luft zum atmen hier oben äußerst gering ist."
Unsere Tour führte uns an verschiedene Seen (wobei diese im bolivianischen Sprachgebrauch eher als Lagunen bezeichnet werden), nie vorher gesehene Wüstenlandschaften, zu Ruinen und sogar zu Geysiren. Die Vielfalt inklusive der spektakulären Farben in dieser Gegend war einfach nur wunderschön, anders kann man es wohl nur schwer ausdrücken. Der höchste Punkt auf der Tour befand sich auf einer Höhe von 4900 Metern. 


Die Nächte verbrachten wir in bescheidenen Unterkünften, wobei jeder ein sehr großes Bett und ausreichend Decken und wenn gewünscht sogar ein Schlafsack zur Verfügung hatte. Dies war auch nötig. Tagsüber war es meist schon sehr windig, aber ab Spätnachmittag pfeifte der Wind nur so durch den Altiplano was zu Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt führte. Wäre ich zwei bis drei Monate früher hier gewesen, hätte ich definitiv nicht ausreichend warme Klamotten dabei gehabt. Schlafen war Nachts dennoch nicht ganz so einfach. Die Luft ist für Bewohner aus flachen Gebieten einfach zu ungewohnt dünn. 
Der vierte und letzte Tag der Tour war zugleich das Highlight, einen Vormittag auf dem Salar de Uyuni, der größten Salzwüste der Welt. Hier sind schon so einige lustige Fotos entstanden. Auch wir hatten viele Ideen, die mit unseren diversen Kameras umgesetzt wurden. 


Donnerstag, 12. November 2015

Quebrada de Humahuaca - mein Weg zur Bolivianischen Grenze

Die wenigen Tage, die ich in Buenos Aires verbracht hatte, erschuetterten mein Reisebudget leider etwas zu sehr. Dies zwang mich dazu, den schnellsten Weg aus dem Land heraus zu finden. Wie gerne haette ich die landschaftlich attraktive Region Patagonien besucht, aber dies haette dazu gefuehrt, dass ich deutlich weniger Geld fuer den Rest meiner Reisezeit uebrig gehabt haette.
Eine ueber 20-stuendige Busfahrt fuehrte mich zunaechst in die nordwestlich gelegene Stadt Salta. Mit ueber einer halben Mil. Einwohnern ist sie die fuenftgroesste in Argentinien. Das Stadtzentrum von Salta hat einige schoene Kolonialbauten und von einem Huegel am Stadtrand aus hat man einen netten Ausblick auf die ganze Stadt. Ansonsten hatte Salta selbst nicht so viel zu bieten wie - soweit ich erst spaeter erfuhr- viele andere Orte des gleichnamigen Staates. Diese waeren aber wieder Richtung Sueden gewesen und meine Weitereise sollte so schnell wie moeglich an die bolivianische Grenze gehen. Daher entschied ich mich fuer das noerdlichste Highlight Argentiniens, die Quebrada de Humahuaca (Schlucht von Humacuaca). Hierbei handelt es sich um die suedlichsten Auslaeufer der Anden. Hier gibt es einige kleine Doerfer und winzige Siedlungen, wo Menschen leben, die zu den aermsten Argentiniens gehoeren. Ich blieb im bekanntesten und gleichnamigen Ort Humahuaca, von wo ich aber leicht und schnell mit dem Bus andere Orte besuchte. Moderner Fortschritt ist fuer viele in dieser Gegend noch fremd. Es war fasts schon unglaubwuerdig fuer mich, dass etwas wie Internet hier schoen verfuegbar ist. Woran man mich hier wirklich erfreuen konnte, war die Landschaft. Weit und breit nur Berge und Felsformationen in verschiedenen Farben. Das bekannteste Gebirgsmassiv namens Hornocal besuchte ich an meinem zweiten Tag, genauer gesagt, den Aussichtspunkt von dem man diese bunte natuerliche Spektakel betrachten und geniessen konnte.



Samstag, 7. November 2015

Buenos Aires - Heimat unseres heiligen Vaters

Auf die Hauptstadt Argentiniens freute ich mich nicht zuletzt deshalb, weil ich während meiner Reisezeit in Brasilien so viele Argentinier kennen gelernt habe, die dort her kamen und mir so viel von ihrer Heimatstadt erzählt haben. Buenos Aires erfreut sich spätestens seit dem Musical-Film "Evita" (mit Madonna als Hauptdarstellerin) internationaler Bekanntheit. 


Viele Persönlichkeiten wurden in dieser Stadt hier geboren. Die zurzeit wohl berühmteste Person ist Jorge Mario Bergoglio, mehr bekannt als Papst Franziskus
Als ich nach einer 16-stündigen Busfahrt in Buenos Aires ankam, wurde mir gleich eines klar, was schon so viele andere vor mir festgestellt haben. Die Stadt ist ohne zweifel schön, ähnelt aber in keinster Weise einer anderen südamerikanischen Großstadt. Sofort fielen mir viele Ähnlichkeiten mit Madrid, Barcelona oder auch kleineren Städten in Spanien auf. 
Leider stellte ich auch sehr schnell fest, was ich bereits in Puerto Igauzu geahnt hatte. Die Preise sind in ganz Argentinien nämlich ebenfalls sehr europäisch orientiert, ganz besonders in Buenos Aires. Wer in den letzten Jahren mal hier war und denkt, so teuer ist es doch dort gar nicht, dem sei gesagt, dass die Preise nochmals gestiegen sind. Argentinien hat eine jährliche Inflation von 30% und steigende Preise lassen sich daher sogar innerhalb von wenigen Monaten schon leicht feststellen. Am schnellsten stellte ich das hohe Preisniveau beim Essen und Trinken fest. Hier fand ich kaum einen großen Unterschied zu Europa fest, sogar kaum zu München. 
Aus dem genannten Grund war es auch nicht einfach, ein günstiges Hostel zu finden. Letztlich wurde ich fündig in San Telmo, einem der bekanntesten Stadtteile von Buenos Aires. Dieser Stadtteil fällt sofort durch seine alten Gebäude aus dem 19. Jahrhundert sowie durch seine Kopfsteinpflastergassen auf. 


Das Stadtzentrum war von meinem Hostel in San Telmo aus recht schnell zu Fuß erreichbar. An der Plaza de Mayo entdeckte ich dann auch sofort die Casa Rosada, den rosafarbenen Präsidentenpalast, von dessen Balkon einst Eva Perón (auch bekannt als Evita) zu ihren Anhängern sprach. Die einstiege First Lady von Argentinien hinterließ nach ihrem Tod im Jahre 1952 im Alter von nur 33 Jahren einen bis heute anhaltenden Mythos. Auch deshalb laufen im zentrumshahen Cementerio de la Recoleta alle erstmal zu ihrem Grab. Und das obwohl der genannte Friedhof im Stadtteil Recoleta an sich schon eine der größten Attraktionen der Stadt ist. Dieser wirkt eher wie eine Miniaturstadt, so pracht- und prunkvoll sind die Gräber von Familien und einzelnen Personen aus Argentiniens Oberschicht. 


Die wahrscheinlich bekannteste Straße im Stadtzentrum ist die Calle Florida. Auf dieser Einkaufsmeile ist das häufigste Wort, was man zu hören bekommt Cambio (Geldwechsel). Wenn man als Tourist Dollar (oder auch Euro) mit ins Land bringt, bekommt man hier die besten Wechselkurse des Landes. Während meines Besuchs lag der Dollarkurs bei ca. 9,50 Argentinischen Pesos. Auf der Calle Florida bekam man dafür mindestens 15. Ich hatte glücklicherweise noch Dollar im Gepäck und wechselte diese mit dem genannten Kurs, was natürlich durch die hohen Preise in der Stadt mir sehr entgegen kam.
Ich traf während meiner Woche in Buenos Aires auch Javier wieder. Ja genau, der Javier, den ich in Jericoacoara in Brasilien kennen gelernt hatte und von dem ich mich am Flughafen in Fortaleza verabschiedet hatte. Mittlerweile hatte er seine Reise in Brasilien beendet und freute sich, dass wir uns nochmal treffen konnten. "Wie gefällt dir meine Stadt? Ich glaube dir gerne, dass dir alles ziemlich teuer erscheint. Allein in den 3 Monaten, die ich in Brasilien verbracht habe, sind die Preise um einiges gestiegen. Dagegen war Brasilien ein echt billiges Land. Aber echt super dich hier zu haben." 

Eines der bekanntesten Stadtviertel in Buenos Aires ist La Boca. Dieses wurde von italienischen Einwanderern aus Genau gegründet, ebenso der dort beheimate Fußballklub Boca Juniors, einem der agentinischen Vereine wo einst Diego Maradona spielte. Unweit des Stadions befindet sich die Touristenattraktion Caminito, eine kleine Fußgängerzone, die vor allem durch seine farbigen Gebäude viele Besucher anzieht. 


Die hohen Preise in Buenos Aires elaubten mir leider nicht allzu viele Späßchen. Ausgiebig feiern war leider nicht drin. Mein Tagesbudget war meist schon durch Übernachtung und Essen ausgereizt. Und das ohne etwas ganz besonderes zu mir genommen zu haben. Dank Javier, der mich einmal in das Haus seiner Mutter einlud, hatte ich aber das Vergnügen ein richtig autentisches Asado (Barbecue) mit leckerem Fleisch und gutem Wein mitzuerleben. 


Ich glaube diese Stadt hat wirklich ihren Reiz, wenn man hier länger bleibt und vielleicht auch nebenbei etwas arbeitet um sich seine Freizeitausgaben zu finanzieren. Wenn man zudem auch ein paar Leute dort kennt, mit denen man Nachts um die Häuser ziehen kann, möchte man sicher nicht so schnell weg. Für mich hieß es jedoch nach einer Woche Abschied nehmen.

Donnerstag, 29. Oktober 2015

Iguaçu - Até mais, Brasil!

Womöglich war es die beste Möglichkeit sich aus Brasilien zu verabschieden, indem ich eines seiner bekanntesten Naturspektakel besuchte, was es sich mit dem Land teilt, was ich als nächstes besuchen wollte. Die Wasserfälle von Iguazú (port. Iguaçu) gehören aber auch bei jeder Brasilienreise genauso zum Pflichtprogramm wie eben auch bei einer Argentinienreise. 
Die Busfahrt von São Paulo über Nacht nach Foz do Iguaçu sollte fahrplanmäßig 15 Stunden dauern. Tatsächlich dauerte die Fahrt zwei Stunden länger. Was vorgefallen war, glaube ich bis heute nicht. Einer der Fahrgäste suchte nach einer Stunde Fahrt verzweifelt sein Handy - ein IPhone 6 wohlgemerkt, was nirgends auf der Welt so teuer ist wie in Brasilien. Der Verzweifelte war sich wiederum sicher, dass er es beim Einstieg noch bei sich gehabt hatte. Die beiden Fahrer durchleuchteten beim ersten Stop mit einer Taschenlampe alle erdenklichen Ecken unter den Sitzen. Nichts. Kaum einer bekam mit, dass der Herr darauf hin die Fahrer aufforderte, bei der nächsten Polizeistation anzuhalten, da er scheinbar überzeugt war, dass ihm sein Handy gestohlen wurde. Beweise gab es dafür keineswegs. Nur konnte er sein Handy eben nicht finden. An der Polizeistation betraten zwei uniformierte Beamte den Bus und kündigten an, jeden Fahrgast sowie deren Handgepäck zu durchsuchen, sollte das Handy dem Mann nicht innerhalb der kommenden viertel Stunde zurück gegeben werden. Nichts geschah während dieser Frist. Daher erfolgte eine einundhalbstündige Durchsuchung und jeder Fahrgast inklusive mir kam sozusagen mal dran. Auch dann nichts. Sein Handy bekam der Verzweifelte auf diese Weise jedenfalls nicht zurück. "Wir haben in unserem Land wahrlich größere Probleme als ein Handy." "Und dafür muss die Polizei ihre Arbeitszeit opfern während zwischenzeitlich wirklich schlimme Sachen passieren." Das waren zusammen gefasst die häufigsten Sätze, die von einigen einheimischen Fahrgästen ausgesprochen wurden. 
Am nächsten Morgen erreichten wir dennoch unbeschadet Foz do Iguaçu. Ich schaute mir die brasilianische Seite der Wasserfälle noch am selben Tag an. Einige Reisende erzählten mir zuvor, dass auf der brasilianischen Seite der Blick einfach schöner ist, während man auf der argentinischen Seite man näher an die Fälle dran kommt. Ich genoss diesen atemberaubenden Blick auf die grandiosen Wassermassen und verabschiedete mich innerlich schon mal von Brasilien. 


Die Grenze überquerte ich am nächsten Morgen. Genau 90 Tage, also genau so lange wie man im Land als Tourist bleiben kann, hatte ich mich in der Heimat des Sambas aufgehalten. Nie hatte ich das so geplant und in Erwägung gezogen. So viel ich auch gesehen habe, so wenig erscheint es, wenn man sich mein bereistes Teritorium auf der Landkarte anschaut. Dennoch war ich überglücklich, über alles, was ich hier erlebt hatte. Dieses fünftgrößte Land der Welt hatte mich in sein Bann gezogen und nicht so schnell gehen lassen. Ich erinnere mich, dass ich diesem Land zuvor leicht voreingenommen und arrogant begegnet bin, allein deshalb weil dort eben nicht meine zweite Muttersprache gesprochen wird. Heute kann ich sagen, dass ich dieses wunderschöne Land samt ihrer sehr sympatischen Bewohner und ihrer Sprache zu lieben gelernt habe und ich mich sicher fühle, nicht zum letzten Mal in diesem Land gewesen zu sein. "Até mais, Brasil!" 
Nach der Grenzüberquerung ging es weiter nach Puerto Iguazú, der nächst gelegenen Stadt zu den Wasserfällen auf argentinischer Seite. Dort ruhte ich erstmal einen Tag, da es auf einmal richtig gewitterte. Am nächsten Tag war der Regen nicht mehr so stark, der Himmel dennoch grauwölkig. "Zum Glück" muss ich sagen, denn dadurch war der Nationalpark Iguazú nicht so stark besucht und ich konnte in Ruhe alles besichtigen und am späten Nachmittag noch einen Nachtbus nach Buenos Aires nehmen. 


Sonntag, 25. Oktober 2015

Rio, São Paulo und wie es sonst so nach Jeri weiter ging

Auch wenn ich es nicht wollte, aber der Tag, an dem ich Jeri verließ, musste irgendwann kommen. Ein ganzer Monat war vorübergegangen, wie man es sich auf einer Reise nicht besser vorstellen kann. Jeder Tag war ein extrem entspannter Tag und darüber hinaus immer wieder aufs Neue erlebnisreich. Doch selbst wenn dieser Ort der für mich tatsächlich schönste auf Erden sein und bleiben sollte und der Wunsch nach sofortiger Sesshaftigkeit ganz sicher gegeben war, hielt ich weiterhin an meinen Reiseplänen fest, die mich noch an so viele andere schöne Orte bringen sollten. 
Nach den letzten Umarmungen mit Belen, Mauricio, seiner Mutter Lindalva und anderen neu gewonnenen Freunden, verabschiedete ich mich aus meinem gefundenen Paradies mit einer letzten Fahrt in einem Geländewagen zusammen mit Javier, der nach 2 Wochen Aufenthalt Jeri ebenfalls schwerenherzens verließ. Mit uns zusammen im Wagen fuhren noch Willow aus San Francisco und Ramón aus Gran Canaria. Beide waren in der vergangenen Woche ebenfalls im La Tapera Hostel untergekommen. Alle vier wollten wir nach Fortaleza, ca. 4 Autostunden von Jeri entfernt. Javier flog noch am selben Tag nach Salvador im brasilianischen Bundesstaat Bahia. Während es für mich, ebenfalls noch am selben Tag, mit dem Flugzeug weiter nach Rio gehen sollte, blieben Willow und Ramón noch eine Nacht in Fortaleza. Ich sollte die beiden zwei Tage später in Rio wieder treffen, doch von Javier musste ich mich am Flughafen für unbestimmte Zeit verabschieden. "Mach's gut mein deutscher Bruder! Mensch, was hatten wir eine coole Zeit zusammen. Ich hoffe ich sehe dich bald oder zumindest irgendwann wieder." Nach diesen Worten und einer letzten Umarmung ging Javier zum Gate. Zum ersten Mal auf dieser Reise fühlte ich mich für einen Augenblick so etwas wie allein. Auch wenn ich mir sicher war, dass dieses Gefühl nicht lange anhalten würde, war mir etwas merkwürdig zumute. Ich dachte über diese vielen schönen vergangenen Tage nach und glaubte sie noch sehr lange zu vermissen. Mauricio hatte während unserer vielen Gespräche immer wieder einen Satz zytiert, der für viele so Brasilianer typisch ist. A vida é uma grande piada (Das Leben ist ein großer Witz). "Das Leben zu ernst zu nehmen, ist ein ganz großer Fehler. Wir müssen es als das nehmen, was es ist, als einen ganz großen Witz. Denn ansonsten sind wir nicht bereit genug, den vielen Überraschungen entgegen zu treten, die uns das Leben immer wieder bringt." Die Erinnerung hieran ließen mich gleich viel besser fühlen.


Rio de Janeiro 
A cicade maravilhosa (die wundervolle Stadt), so wird Rio de Janeiro von seinen millionen Einwohnern (Cariocas genannt) und Besuchern immer wieder gern bezeichnet und auch so überzeugend gesehen. 


Viele Reisende, die ich unterwegs getroffen habe, erzählten mir wie überwältigt sie von dieser Stadt waren und von dem, was sie zu bieten hat. Ich selber blieb nicht allzu lange. Ich sage heute noch, dass es nicht der ideale Zeitpunkt für mich war, Rio zu besuchen. Ich hatte Sehnsucht nach Jeri und nach meinen dort kennen gelernten Freunden und kam deshalb nur langsam in Fahrt. Weil in Rio auch alles etwas teurer ist, entschied ich mich für ein extrem günstiges aber doch eher weniger bequemes Hostel im Stadtviertel Copacabana. Der gleichnamige Strand, nur fünf Blocks vom Hostel entfernt, erfüllte die Erwartung, die ich dafür hatte. Eine saubere, sehr breite und lange Sandfläche, gefolgt von einer für Surfer optimalen Brandung. Surfer sieht man hier jedoch sehr wenige, denn dafür ist die Praia de Copacabana einfach zu touristisch. Man merkt dies auch sofort, wenn man den Strand betritt. Geschätzt alle zwei Minuten kommt jemand zu dir und möchte dir entweder einen Caipirinha, ein Eis, ein Handtuch mit Brasilienflagge, einen Hut, irgendwelches Kunsthandwerk, Touren zu den Sehenswürdigkeiten oder was auch immer verkaufen. Der ebenfalls sehr bekannte Strand Praia de Ipanema war nicht viel anders, auch sehr schön, aber auch viel viel voller. 


Wie schon angekündigt, traf ich Willow und Ramón in Rio wieder. Nachdem wir an einem Tag noch mit der Seilbahn zum berühmten Pão de Açúcar (in deutsch bekannt als der Zuckerhut) hinauf fuhren, entschieden wir uns am nächsten Tag, im Rahmen unserer Besichtigung des Cristo Redentor, für eine abenteuerlichere Alternative, nämlich den steilen Wanderweg hinauf zu dieser Weltwunder-Statue zu laufen. Über diesen einundhalbstündigen Pfad steht weder was im Lonely Planet, noch in einem anderen Reiseführer. Die Mitarbeiter im Hostel rieten sogar davon ab, weil es zu steil, zu gefährlich und momentan auch zu heiß dafür wäre. Wir ließen uns von unserem Wunsch nicht abbringen und bestiegen diesen Monsterberg. Als wir später oben unter Hunderten (gefühlten Tausenden) von Leuten uns die Statue anschauten, wussten wir, dass wir genau das Richtige getan hatten. Nicht nur, dass wir Geld gespart hatten, weil wir weder mit der Zahnradbahn noch mit einem der vielen Minibusse hoch gefahren waren, sondern auch weil der Wanderweg der wesentlich interessantere Teil des Ausflugs war. Selten zuvor hatte ich so eine Ansammlung von Selfi-Süchtigen Touris auf einem kleinen Fleck (die Platform unterhalb der Statue ist nicht besonders groß) gesehen. Viele lagen dabei sogar auf dem Boden um ihr Gesicht mit Cristo im Hintergrund auf das Selfi zu bekommen. 


Diese kleine aber doch anspruchsvolle Wanderung machte Lust auf mehr. Daher entschied ich mich zwei Tage später für einen weiteren Gipfel in Rio. Von Os Dois Irmãos (übersetzt Die Zwei Brüder) aus, soll man bei gutem Wetter den besten Blick auf Rio und seine Küsten haben. Leider hatte ich nicht so viel Glück mit dem Wetter. Der Nebel erlaubte nur einen Teilblick auf das große Spektakel. Dennoch lohnte sich der Ausflug, vor allem der Rückweg nach unten. Denn während diesem lief ich mitten durch eine Favela, der Favela Vidigal. Das Thema "Favelas in Rio" hatte ich seit meiner Ankunft in der Stadt sehr skeptisch betrachtet. Viele Favelas (in deutsch bekannt als Armenviertel) in Rio sind eigentlich keine Favelas mehr, sondern wurden durch Verbesserung der Infrastruktur in den letzten Jahrzenten zu normalen Stadtvierteln. Dadurch entstanden aber auch neue touristische Geschäftsideen wie z.B. Hostels in Favelas oder Besichtigungstouren von Favelas, für mich die bekloppteste Idee überhaupt. Die Favela Vidigal war bekannt als eine besonders friedliche, weshalb ich ohne größere Bedenken durch spazieren konnte. Auf dem Weg zum Gipfel und wider hinunter hatte man sogar einen Blick auf Rocinha, die angeblich größte Favela in ganz Lateinamerika. Auch diese ist mittlerweile ein anerkanntes Stadtviertel von Rio. 




Ilha Grande
Ich brauchte nach meinen paar Tagen Rio wieder eine mehr naturgebundene Umgebung. Willow, die zwischenzeitlich mit Ramón für zwei Tage aus der Stadt geflohen war, um einen brasilianischen Freund im Landesinneren zu besuchen, den sie ca. drei Wochen zuvor woanders kennen gelernt hatten, überedete mich per Whatsapp mit ihr auf die Ilha Grande (dt. große Insel) zu fahren. Viel wusste ich über diese Insel nicht. Erst kurz vor der Abfahrt in Rio lass ich noch im Lonely Planet, dass die Insel zwar die drittgrößte Brasiliens sei, dennoch es aber dort keinen motorisierten Verkehr gab, was dafür sprach, dass es sich um ein wahres Naturparadies handeln musste. Das war es auch. Endlos viele Strände an allen Buchten und Ufern, die nicht nur türkisblaues Wasser boten sondern den weißesten und feinsten Sand, den man sich vorstellen kann. Viele davon lassen sich nur mit dem Boot über eine gebuchte Tour erreichen. Zu einigen Traumstränden läßt sich aber auch schön hin wandern, was Willow und ich bereits kurz nach der Ankunft taten.


Willow, die im Voraus einen Flug von São Paulo nach Buenos Aires gebucht hatte, unterschätzte wie so viele (ich bin davon nicht ausgenommen) die Entfernungen innerhalb Brasiliens und konnte daher nur zwei Tage auf der Insel bleiben. Hinzu kam, dass man die Ilha Grande - genauer gesagt ihre einzige mit Hostels und Pousadas besiedelter Bucht namens Abraão - spätestens um 17 Uhr mit dem Schnellboot verlassen muss, da man ansonsten bis zum nächsten Vormittag warten muss. Das wäre für Willow allerdings zu spät gewesen um ins 6 Stunden entfernte São Paulo noch rechtzeitig zu gelangen, da ihr Flug schon kurz nach Mittag ging. Ich blieb noch zwei Tage länger und reiste genau an dem Tag ab, als sich über dem Himmel graue Wolken stauten. 


Paraty
Trotz schlechtem Wetter hatte ich von der Küste noch immer nicht genug. In São Paulo wartete mein kolumbianischer Cousin Daniel auf meinen Besuch. Ich ließ ihn aber noch ein bisschen warten und besuchte für drei Tage das Kolonialstädtchen Paraty, das sich wie schon erwähnt an der Küste befindet. 


Am ersten Tag war das Wetter noch einigermaßen, danach war nur noch grauer Himmel zu sehen. Ich entschloss mich daher spontan für einen Kayakausflug, genauer gesagt ließ ich mit von drei Mitbewohnern aus meinem Hostel überreden mitzumachen. Es handelte sich dabei um Anniko und Jakob (beide aus Deutschland) und Fredrik aus Schweden. Eigentlich hatten wir das optimale Wetter für eine Kayaktour erwischt, den bei brennendender Sonne wäre das Rudern echt mühsam gewesen und unsere Schultern wahrscheinlich verkohlt.


Am meinem dritten Tag in Paraty ließen wir uns auch vom leichten Nieselregen nicht von weiteren Aktivitäten abbringen und machten daher einen kleinen Ausflug mit dem Bus. Unser Ziel war ein kleines Naturschutzgebiet mit einer spaßigen Naturrutsche und einer Hängebrücke bei einem kleinen Wasserfall. 




São Paulo
Da das Wetter immer schlechter wurde, entschied ich mich am folgenden Tag für die Fahrt nach São Paulo. Anniko, Jakob und Fredrik taten es mir gleich und so ging es für alle gemeinsam mit dem Bus in die mit über 18 Mio. Einwohnern größte Stadt Südamerikas. Dort wartete mein Cousin Daniel am Busbahnhof bereits auf mich. Nachdem er meinen Reisefreunden noch Hilfestellung gab, wie sie schnellstmöglich mit der Metro in ein gutes Hostel gelangen konnten, ging es für Daniel und mich erstmal in eine von über 6000 Pizzerien, die es in der Stadt gibt. "Wie du ja sicherlich gemerkt hast, gibt es in Brasilien sehr viel Buffetrestaurants (Self-Service genannt) bei denen pro Kilo abgerechnet wird. Das kann manchmal echt teuer werden, gerade wenn man viel Hunger hat. In São Paulo ist daher Rodízio sehr beliebt. Das ist wie "All you can eat", nur dass du dabei von Kellnern so lange bedient wirst bis du stop sagst weil du kurz vorm platzen bist. Du zahlst dafür meist einen echt akzeptablen Fixpreis. Rodízio ist hier am beliebtesten mit Pizza, mit Sushi oder mit Churrasco (gegrilltem Fleisch)." So die Worte von Daniel, als wir bereits auf dem Weg zum Restaurant in der Nähe seiner Wohnung waren. An diesem Abend war für uns wie gesagt Pizza dran und ich aß so viel wie schon lang nicht mehr. 
Irgendwie mochte ich São Paulo und deren Paulistas, wie die Einwohner dieser Monsterstadt genannt werden. Die schnelllebigste Stadt Lateinamerikas hat nicht nur eine Riesenauswahl an Essensmöglichkeiten, sondern darüber hinaus zich viele Bars und Pubs sowie zahlreiche Clubs als Ausgehmöglichkeit zu bieten. São Paulo ist aber auch die Arbeiterstadt Brasiliens schlecht hin und zusammen mit dem Restgebiet des gleichnamigen Staates der Motor des Landes. Über 40% des Bruttoinlandsprodukts Brasiliens wird im Staat São Paulo erwirtschaftet. Die größte Rivalität haben die Paulistas mit den Cariocas aus Rio, denn diesen wird vorgeworfen, dass sie den ganzen Tag nur am Strand entspannen, während die Paulistas fleißig ihrer Arbeit nach gehen. 
Das Stadtbild São Paulos kann man mit so mancher nordamerikanischen Großstadt durchaus mithalten. Die Wolkenkratzer sind je nach Stadtteil unterschiedlich modern. Die bekannteste Straße ist die Avenida Paulista. Hier wurde nach der Stadtgründung ein Bürogebäude neben dem anderen gebaut bis irgendwann kein Platz mehr war und neue Büroviertel entstehen mussten. 


Zwischenzeitlich verließ ich São Paulo. Mich zog es für ein paar Tage mal wieder ... ja wo auch sonst hin, an einen Strand. Die Ilhabela hatte ähnlich schöne Strände wie die Ilha Grande zu bieten, doch leider war der Entspannungsfaktor hier nicht allzu groß, da der größte Anteil der Bewohner Moskitos sind. Die Küstenstadt Ubatuba hingegen, war dagegen alles, nur nicht schön. Aufgrund eines brasilianischen Feiertags, der auf einen Montag viel, war der Strand so voll, dass Baden und Schwimmen fast zur Unmöglichkeit wurde.
Ansonsten verbrachte ich viel Zeit mit Daniel in São Paulo. Wir zogen abends durch Pubs mit guter Musik oder schauten uns Fußballspiele an, einmal sogar live im Stadion. Ich durfte ihn sogar einmal bei seiner Arbeit zum Mittagessen besuchen. Seit zwei Monaten arbeitete er nämlich für die brasilianische Niederlassung von Facebook. Wer hier arbeitet, kann sich ein Glückspilz nennen. Hier isst jeder Mitarbeiter mehrmals am Tag umsonst. Frühstücksbüffet, Mittagsbuffet, Nachmittagskaffee und darüber hinaus während der gesamten Arbeitszeit kalte und warme Getränke sowie Eis, alles wie gesagt umsonst.